|
|
Parapsychologie, griech. Wissenschaft von den okkulten Erscheinungen (Okkultismus). Dieser Begr. wurde von Max Dessoir geprägt. Gegenstand dieses Teils der Seelenkunde sind Erlebnis- und Verhaltensweisen, die das normale Erkenntnisvermögen überschreiten und auch jenseits des normalen Wachbewußtseins liegen. Diese paranormalen Erscheinungen beziehen sich 1. auf eine Wahrnehmung außerhalb der uns bekannten Sinnesorgane (außersinnliche Wahrnehmung; (ASW) und 2. auf eine unerklärliche Wirkung auf die Körperwelt Psychokinese).
abgeleitet von para- (griechisch neben) und psychologie (griechisch, Lehre von der Seele) bezeichnet die wissenschaftliche Erforschung der übersinnlichen Fähigkeiten, die manche Menschen angeblich durch das Studium der Esoterik erlangen und die manche auch von Natur aus besitzen sollen. Es handelt sich dabei vor allem um Hellsehen, Gedankenlesen und das Bewegen von Gegenständen ohne physikalische Hilfsmittel. Trotz jahrelanger Bemühungen ist es weder gelungen, die Existenz solcher Fähigkeiten zu beweisen, noch sie zu widerlegen (–k Zenerkarten).
Die Parapsychologie ist eine junge Wissenschaft, die erst im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts begründet wurde, deren Forschungsgegenstand aber sehr alt ist. Der Name wurde 1889 von Max Dessoir in den wissenschaftlichen Sprachgebrauch eingeführt und ersetzte ältere Ausdrücke wie zum Beispiel »wissenschaftlicher Okkultismus«. Gegenstand der Forschung der Parapsychologie sind Erscheinungen, die in allen Kulturen vorkommen, wie Träume, zweites Gesicht, Ahnungen, Erscheinungen, außersinnliche Wahrnehmungen j ASW) und Spuk. Die Parapsychologie vermutet eine gemeinsame Ursache, die in der menschlichen Psyche begründet ist. Im Gegensatz zu den meisten anderen Wissenschaften hat es sich die Parapsychologie zum Ziel gesetzt, den Gegenstand, den sie erforschen will, erst als existent zu beweisen. Sie arbeitet mit anerkannten natur und sozialwissenschaftlichen Methoden (Statistik, Test, kontrollierter Versuch, teilnehmende Beobachtung, Befragung, optische und akustische Dokumentation). Dennoch steht ihr ein Teil der etablierten Wissenschaft noch skeptisch gegenüber. Aber die von der Parapsychologie erbrachten Beweise und Befunde sind so eindrucksvoll, dass der Widerstand gegen die vergleichsweise junge Wissenschaft mehr und mehr nachlässt. Auch bei den Kirchen schwindet das Misstrauen, und häufig sind in letzter Zeit an parapsychologischen Forschungsunternehmen auch Vertreter der Kirchen beteiligt.
Parapsychologie (para, «neben») beschäftigt sich mit Erscheinungen, die sich der normalen Psychologie nicht zuordnen lassen und die man früher als « okkult » (verborgen, übersinnlich) oder « magisch » (Magie) bezeichnet hat. Es geht dabei um Wirkung, Wahrnehmung und Untersuchung mysteriöser (geheimnisvoller) Kräfte, die naturgesetzlich unerklärlich sind, das heißt vornehmlich um Inhalte des so genannten Aberglaubens. Der «Volksglaube » produziert und nährt sich von außergewöhnlichen Ahnungen, « Zweitem Gesicht », Wahr-träumen, Erscheinungen, Todesankündigungen und dergleichen. Die Attraktivität des Aberglaubens liegt offenbar in dem begründet, was er leistet: Er entlastet von der Ungewissheit und Unheimlichkeit der Welt, indem er dem Unerklärlichen Namen und Deutung gibt. Das Interesse am Okkulten ist deshalb auch weiter verbreitet, als man gemeinhin annehmen möchte. Spiritismus (Glaube an die Möglichkeit, mit den Geistern Verstorbener durch « Medien » Kontakt aufnehmen zu können) und - Esoterik (« Geheimlehre »), Ufologie (Glaube an « fliegende Untertassen») und Astrologie (Kunst, aus den Sternen das Schicksal der Welt und der Menschen herauszulesen) haben seit dem 19. Jahrhundert eine breite Bewegung entstehen lassen. Wie jeder religiöse Glaube, so engen auch diese Lehren menschliche Existenz nicht auf die kurze Spanne eines Lebens ein, sondern stellen den Menschen in große zeitliche und räumliche Zusammenhänge, in Beziehungen zu unsichtbaren Mächten und geheimen Gesetzen. So gewinnt das beschränkte Erdenleben Sinn und Gewicht durch Anschluss an übersinnliche Sphären und Welten. In der Parapsychologie unterscheidet man zwischen a) Erscheinungen der « außersinnlichen Wahrnehmung» und b) Erscheinungen der « Psychokinese ». Kennzeichnend für außersinnliche Wahrnehmung ist es, dass Personen Nachrichten erhalten, die weder durch Hören (Schallwellen) noch durch Sehen (Lichtwellen) vermittelt werden. Wenn jemand eine solche Information aus räumlich weiter Entfernung erhält, spricht man von « Hellsehen ». Das « Hellsehen » kann sich auf die Vergangenheit (Rückschau) oder auf die Zukunft (Vorschau) beziehen. Vorschau (Präkognition) wäre das « Hellsehen » zukünftiger Vorkommnisse (z. B. im Traum), für die die Gegenwart keinerlei Anhaltspunkt liefert. Neben dem hellseherischen Erwerb äußerer Informationen wird auch von Erlebnissen berichtet, bei denen eine Person etwas über Gedanken und Vorstellungen, Bilder und Gefühle einer anderen Person erfährt. Eine solche Übertragung « von Seele zu Seele» nennt man «Telepathie ». Als « Psychokinese » (« Bewegung durch die Seele ») wird die Einflussnahme der menschlichen Seele auf materielle Gegenstände beschrieben. Das unerklärliche Bewegen von Gegenständen oder das Auftreten von Geräuschen, ohne dass irgendwelche physikalischen Energien diese verursacht hätten, nennt man außerhalb der parapsychologischen Wissenschaft normalerweise « Spuk ». Die Haltung der Theologie zur Parapsychologie ist zwiespältig. Das hängt damit zusammen, dass Glaube und Aberglaube eng miteinander verwandt sind und ihre Unterscheidung meist bloß eine Frage des Standpunktes ist. Hinter dem Aberglauben steht das gleiche menschliche Interesse wie hinter dem Glauben: eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens zu finden. Glaube wie Aberglaube sind am Problem des Wunders, an der Frage nach den lebensbestimmenden (guten und bösen) Mächten, an der Überwindung des Schreckens vor Sterben und Tod interessiert.
Parapsychologie, Sozialwiss., die sich als Teilgebiet der Ps. versteht. Die Bezeichnung hat sich in den meisten westlichen Ländern eingebürgert und Ausdrücke wie »wiss. Okkultismus« u. a. abgelöst. Daneben werden in gleicher Bedeutung oder mit geringer anderer Akzentuierung von einigen Autoren noch die Begriffe Grenzwissenschaften, Metapsychik, Psychische Forschung u. a. gebraucht. Das Wort Pps. wurde von Dessoir 1889 vorgeschlagen (und nicht von Boirac wie bei -» Fodor oder Moser zu lesen): »Bezeichnet man nach Analogie von Wörtern wie Paragenesis, Paragoge, Paragraph, Parakope, Parakusis, Paralogismus, Paranoia, Parergon usf. mit Para- etwas, das über das Gewöhnliche hinaus- oder neben ihm hergeht, so kann man vielleicht die aus dem normalen Verlauf des Seelenlebens heraustretenden Erscheinungen parapsychische, die von ihnen handelnde Wissenschaft Parapsychologie nennen. Das Wort ist nicht schön, aber es hat meines Erachtens den Vorzug, ein bisher noch unbenanntes Grenzgebiet zwischen dem Durchschnitt und den pathologischen Zuständen kurz zu kennzeichnen; und mehr als den beschränkten Wert praktischer Brauchbarkeit beanspruchen ja solche Neubildungen nicht.« (Dessoir in Sphinx VII, Juni 1889: 42; wiederabgedruckt in Dessoir 1917: V.) Auch unter den Forschern, die ihr Gebiet Pps. nennen, besteht keine einhellige Meinung über Wesen und Grenzen ihrer Disziplin. Die Dessoirsche Definition wird nicht von allen akzeptiert - vielleicht liegen die zu untersuchenden Phänomene gar nicht »zwischen« Norm und pathologischem Extrem: Man kann sie auch in einer dritten Position neben diesen sehen. Außerdem betrachtet Dessoir entsprechend seiner Definition auch Phänomene der Mystik, psychische Automatismen u. a. als Gegenstände der Untersuchung; manche Parapsychologen beschränken die Pps. aber auf jene Erscheinungen, die ASW- oder PKElemente enthalten (wieder andere auf solche, bei denen ASW und PK gekoppelt auftritt). Gemeinsam jedoch ist diesen Abgrenzungsversuchen, einen Bereich von Phänomenen abzustecken, die nicht auf Bekanntes zurückgeführt werden können. Dagegen gibt es Parapsychologen, die den Gegenstand der Pps. als vorläufig nicht klassifizierbar betrachten; danach hat die Pps. die Aufgabe, Phänomene zu erhellen, damit sie der Ps., Physik oder Chemie zugeordnet werden können, um dort weiter untersucht zu werden. Ist diese Arbeit der Zuweisung einst getan, müßte sich die Pps. als wiss. Disziplin auflösen. Noch verwirrender wird das Bild der Pps. unter dem anthropologischen Aspekt; fast alle Parapsychologen gehen von einem impliziten oder expliziten Menschenbild aus: Idealistische, materialistische, animistische und spiritistische Hypothesen stehen hier kaum versöhnbar nebeneinander. Verbindend bleibt nur der Vorsatz, das Wissen vom Menschen zu erweitern, und dazu wurden von allen pps. Richtungen bedeutende Beiträge geleistet. Altfgabe der Pps. ist es also, die jahrtausendealten und in allen Kulturen anzutreffenden Berichte von »übernatürlichen« Geschehnissen auf ihren rationalen Kern hin zu untersuchen. Dazu wird vorausgesetzt, daß sie in einer geordneten Welt auftreten, d. h. regelhaft sind. Positivistisch und induktiv werden Geschehenstypen aufgezeigt und ihre Gesetze formuliert. Forschungsmöglichkeiten sind 1. das Studium überlieferter Berichte, 2. die Untersuchung spontan auftretender Phänomene und 3. das Experiment ins Labor. War es für viele Jahrzehnte Anliegen der Pps., ihren Gegenstand erst einmal als existent zu beweisen, so ist das mittlerweile, zumindest nach Ansicht weiter wiss. Kreise, gelungen. Die nun zu untersuchenden Phänomene betreffen im wesentlichen 2 Bereiche: Erfahrungen in Gestalt bewußter psychischer Inhalte, die nicht durch sinnliche Wahrnehmung vermittelt scheinen, und Verhaltensweisen, die so beschaffen sind, als ob ihnen solche Inhalte zugrunde lägen (ASW); 2. Wirkungen mechanischer Natur auf Körper oder materielle Systeme, die vorderhand nicht physikalisch-chemisch erklärbar sind (PK). In beiden Fällen wird als Ursache der extrasensomotorischen Phänomene eine psychische Kraft vermutet, der man den Namen Psi gab. Ober die Frage, ob es sich um eine Kraft oder mehrere Kräfte handelt, ggf. über die Art ihrer Beziehungen, ob diese Kraft ein materielles Substrat hat oder »rein geistig« zu denken ist, wurde bisher nichts Sicheres ausgemacht. — In ihren Methoden folgt die Pps. der Ps.: Selbstbeobachtung und Fremdbeobachtung, experimentelle Beobachtung und Beobachtung eines spontanen Ereignisses (Sonderfall: erwartende Beobachtung) sowie Befragung. Der Aufbereitung der so gewonnenen Daten dient die Statistik. Um den 3 Hauptfehlerquellen in der Deutung pps. Beobachtung —Täuschung, Betrug, Zufall — zu begegnen, modifizierte die Pps. geistes- und naturwiss. Methoden und entwickelte daneben eigene. Die dialektische Analyse: »Hierbei werden in Betrachtung des bisherigen empirischen Materials bei Hintansetzung sämtlicher vorwissenschaftlicher Denkmodelle und Theorien auf rein phänomenologischer Basis Begriffe gesucht, die zu den pps. Phänomenen gehören [phänomenologische Methode]. Die so gewonnenen Begriffe werden miteinander verglichen und zu dialektischen Begriffspaaren geordnet. Sodann sucht man zu jedem Begriff geeignete Meßmethoden. Begriffe, für die keine geeigneten Meßmethoden gefunden werden können, werden modifiziert oder weggelassen. Begriffe, von denen man erwartet, daß sie nicht komplementär zueinander sind, werden jeweils mit ihren komplementären Begriffen zu Klassen und deren komplementären Klassen zusammengefaßt. Nun wird versucht, alle Meßgrößen einer Klasse in einem [ !] Experiment zu messen. Falls es sich herausstellt, daß sich innerhalb einer Klasse doch noch komplementäre Größen befinden, so müssen diese ermittelt und ausgeschaltet werden. Die komplementäre Klasse von Größen muß dann ebenfalls in einem [!], mit möglichst gleichen Voraussetzungen beginnenden Parallelexperiment gemessen werden. Stehen nun genügend Meßresultate zur Verfügung, so kann versucht werden, durch die sinnvolle Verknüpfung von Begriffen eine Theorie zu entwickeln.« Die Geschichte der Pps. unterteilte -s- Riehet in 4 Phasen; er unterschied eine mythische Periode, vom Altertum bis Mesmer (1778); zu ergänzen ist, daß es erst mit der Aufklärung notwendig wurde, das Vorhandensein der Phänomene gegen ihre Leugner zu verteidigen und die Verteidiger vor blindem Glauben an alle möglichen Erscheinungen zu warnen; 2. die magnetische Periode (von Mesmer bis zu den Geschwistern Fox, 1847), in der die pps. Erkenntnisse vorwiegend Nebenprodukte medizinischer Untersuchungen sind; 3. die spiritistische Periode (Geschwister Fox bis Crookes, 1872) und 4. die wissenschaftliche Periode. In dieser letzten Phase seit 1872 konstituierten sich die wichtigsten pps. Organisationen mit ihren Publikationsorganen: A.S.P.R. (Journal und Newsletter), Foundation for Research into the Nature of Man (Journal of Parapsychology), The Parapsychological Association, The Parapsychical Foundation (Paraps. Review), The Psychical Research Foundation (Theta), S.P.R. (Proceedings und Journal) und viele weitere nationale und lokale Organisationen. Mehrere internationale Konferenzen und Kongresse fanden in jenen Jahren statt. Die akademische Integration der Pps. vollzog sich nur zögernd: 1857 untersuchten 3 Harvard-Professoren die Geschwister Fox (Hydesville); 1882 boten 4 amer. Universitäten (darunter Harvard) pps. Vorlesungen an; 1893 wurde an einer frz. Universität eine Dissertation mit pps. Untersuchungsgegenstand vorgelegt. 1912 führte John Coover ASW-Untersuchungen an der Stanford University (Kalifornien) durch; entsprechende Experimente folgten 1916 in Harvard. Die niederländ. Psychologen Heymans, Weinberg und Brugmans kamen 192o zu positiven Ergebnissen bei Telepathieversuchen an der Universität Groningen. In Deutschland setzten sich damals Driesch und Oesterreich für die Pps. an den Universitäten ein, in den 3 oer Jahren arbeitete Bender experimentell pps. an der Universität Bonn. Zu der Zeit gab -r McDougall seine Ps.dozentur in Harvard zugunsten eines Rufs an die Duke University (Durham, NC.) auf und errichtete dort ein pps. Laboratorium, das 1934 unter der Leitung —»- Rhines eröffnet wurde. Der Welt erste Dozentur für Pps. Erhielt 1934 Tenhaeff an der Reichsuniversität Utrecht; die Dozentur wurde 1953 zum Lehrstuhl erhoben (Johnson). In Freiburg i. Br. ist Bender seit 195o Leiter eines von ihm gegründeten pps. Instituts; die Ps. und ihre Grenzgebiete vertritt er auch in der akademischen Lehre. An der Universität Leningrad wurde 196o ein Institut zur Erforschung der psychischen Fernwirkung eingerichtet; sein erster Leiter war Wassiliew. Dem 1964 gegründeten pps. Laboratorium der Universität von Santiago de Chile steht Prof. OnettoBaechler vor. Ihren ersten Lehrstuhl für Pps. erhielten die USA 1969 an der University of Virginia (im Fachbereich Psydliatrie; Inhaber war Ian Stevenson). Mittlerweile gibt es in Großbritannien, Indien, Argentinien und in anderen Ländern pps. Einrichtungen auf akademischer Ebene. Mit Genugtuung registrierten Parapsychologen in der ganzen Welt, daß 1969 die angesehene American Association for the Advancement of Science die Parapsychological Association als Mitglied aufnahm. — Allmählich wird Parapsychologe zum akademischen Beruf: 1973 zählte man in den USA 15 hauptberufliche und rund 200 nebenberufliche Parapsychologen.
Parapsychologie, subjektive, bei Rudolf sLuachmtb.ert u. a. Bezeichnung des pps. Teil- gebiets, das die ASW-Phänomene untersucht.
Parapsychologie, die wissenschaftliche Erforschung paranormaler Phänomene, wozu Telepathie, Präkognition, außersinnliche Wahrnehmung, Psychokinese und außerkörperliche Erfahrung gehören. H. Bender, Rhine, J. B., und Tart, Charles. E: Die moderne Parapsychologie bedient sich bei ihren Forschungen rein rationaler Mittel, etwa des Computers und der Wahrscheinlichkeitsrechnung, um auf diese Weise die Realität der von ihr untersuchten Phänomene objektiv nachweisen zu können. Damit grenzt sie sich bewußt gegen den älteren »geheimwissenschaftlichen« (esoterischen) und »okkulten« Ansatz früherer Jahrzehnte ab, um auf akademischem Boden anerkannt zu werden. Dennoch bleibt der Versuch, »Geister im Laboratorium« nachzuweisen, vielfach umstritten.
|
|