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Schicksal (lateinisch fatum), das zu tragende Los oder vorausbestimmte Geschick. In der griechischen Mythologie war es durch einen Gott personifiziert, der sich der Kontrolle des Zeus entzog und sich zusammen mit den drei Parzen seinem Willen widersetzte.
Schicksal Im Glauben an ein Schicksal schreibt der Mensch das, was ihm im Leben widerfährt, einer Macht außerhalb seiner selbst zu; er sieht gewisse Ereignisse als determiniert an: « Es war so bestimmt.» Unglück erscheint dann als böses, Glück als gutes « Geschick ». In vielen Religionen wird das Schicksal auf göttliche Urheber zurückgeführt. Manche sehen deshalb im Schicksalsglauben den Ursprung von Religion überhaupt. 1. Im Lateinischen heißt Schicksal, Orakel oder Götterspruch fatum. Fatum ist das dunkle Todesschicksal des Menschen, das bereits bei der Geburt von den Sternen bestimmt ist. (Der Begriff ist in dem christlichen, seit dem 4. Jahrhundert gebräuchlichen Eigennamen « Bonifatius », zusammengesetzt aus bonum [« gut »] und fatum [« Schicksal »], erhalten.) Das Fatum und die Götter treten austauschbar nebeneinander. Aus den weiblichen Schicksalsgöttinnen (fatae) werden später die Feen: dämonische Gestalten des Märchens, der Sage und des Volksglaubens. (Aberglaube) Die griechische Bezeichnung für Schicksal oder Verhängnis ist heimarmene -das Gesetz des Kosmos, das über den Einzelnen verhängte Lebensios oder Todesgeschick. Am Ende von Platons (42747 v. Chr.) Werk «Der Staat» erscheint die Göttin Ananke (« Notwendigkeit », « Schicksal »), umgeben von ihren Töchtern, den Moiren (von griech. moira, « Anteil » ; Schicksalsgöttinnen, die den Lebensanteil des Menschen bestimmen): Lachesis kündet die Vergangenheit, Klotho die Gegenwart und Atropos die Zukunft. Nach tausendjähriger Wanderung kommen die Seelen aus der Tiefe der Erde oder vom Himmel herab. Sie treten vor Lachesis, aus deren Schoß ein Prophet Lose und Lebensmuster entnimmt. Demnach ist also alles vorherbestimmt, man sollte der Zukunft gegenüber gleichgültig sein (Fatalismus). Dennoch ist es der Mensch selbst, der die Wahl trifft; sein Wille ist frei. «Die Tugend hat keinen Herrn ... Die Schuld liegt bei den Wählenden; Gott ist schuldlos.» Die christliche Literatur hat sich dieser Auffassung angeschlossen: Der Mensch sei frei, um sich sittlich entscheiden zu können. Für das, was er tut, trägt er allein Verantwortung; die Schuld kann er auf göttliche Vorsehung nicht abschieben. Trotz des Leidens in der Welt ist Gott gerechtfertigt. (Theodizee griech. « Gottesrechtfertigung ») Nach der Lehre des Platonismus ist Heimarmene jene göttliche Vorsehung, die als dauerhaftes Gesetz dem Kosmos auferlegt ist. Die Mantik (Kunst des Wahrsagens und Weissagens) und das Orakelwesen können die Wege der Heimarmene aufdecken. Was am Ende das tatsächliche Geschick des Menschen ausmacht, ergibt sich aus dem Zusammentreffen von menschlicher Entscheidung und göttlicher Bestimmung. Die « Ordnung des vorsehenden Schicksals » zielt also geradewegs auf den freien Willen des Menschen. Ein völlig anderes Verständnis des Schicksals hatten die astrologischen Fatalisten. Ihrer Meinung nach kann man an den ewigen Bahnen der kreisenden Gestirne, dem reinsten Ausdruck der Naturgesetze, die Zukunft erkennen. Leben und Tod, Schicksal und Beruf, wichtige Ereignisse und Charaktereigenschaften, selbst Verbrechen und Sühne, seien unabänderlich vorherbestimmt (Astrologie). Bei der Beobachtung der Sternenbewegungen gewinnt der Mensch seinen Seelenfrieden (apathia, «Leidenschaftslosigkeit, Gelassenheit »). Da die Handlungen nicht dem eigenen freien Entschluss entspringen, kann niemand für seine Untaten gestraft oder für seine Tugenden belohnt werden. 2. Der Gottesbegriff des Alten Testaments enthält zahlreiche schicksalhafte Züge. Gottes Handeln ist für den Menschen oft unbegreiflich. Jahwe allein entscheidet mitunter über Erfolg und Misserfolg menschlichen Tuns, er bestimmt sogar die Handlungen der Menschen selbst. Für ihn sind sie wie Ton in der Hand des Töpfers (Jer. 18, 6). Daran knüpft die Lehre an, dass alles Geschick vorherbestimmt sei (vgl. z. B. 1. Mose 25, 23; Jes. 44, 2; 46, 10). Im Christentum blieb der alte, in Griechenland ausgebildete Schicksalsglaube lange erhalten. Manche « heidnischen » Astrologen führten ihren Beruf nach der Taufe weiter. Die Kirche ging dagegen jedoch immer entschiedener vor. Täuflinge mussten dem Glauben an das Fatum abschwören. Das Verbot des Schicksalsglaubens wurde von Konzilien und Synoden immer wieder erneuert. Dabei wies die Kirche nachdrücklich auf die verderblichen moralischen Folgen des Fatalismus hin. Dabei sprach man jedoch keineswegs den Sternen, die als geistige Wesen höherer Art angesehen wurden, jeglichen Einfluss auf das irdische Geschehen und das menschliche Geschick ab. Lediglich den freien Willen des Menschen - so glaubte man - könnten sie nicht bezwingen. Damit war der Gedanke der sittlichen Verantwortung eines jeden für sein eigenes Tun gesichert. Im Kampf gegen den Fatalismus tat sich vor allem Origenes (gest. 254) hervor. Der Wille des Menschen sei frei, und das Übel in der Welt gehe nicht zu Gottes, sondern zu der Menschen Lasten. Augustinus (35430) versuchte Gottes Vorherwissen und des Menschen freie Taten miteinander in Einklang zu bringen. Der Schicksalsglaube töte die sittliche Verantwortlichkeit, betonte er und ließ astrologische Bücher verbrennen. Im 20. Jahrhundert war es vor allen Dingen die Philosophie des Existenzialismus, die sich der Frage nach dem Schicksal zuwandte. Nach Martin Heidegger (1889 -1976) ist das Dasein als endliches (begrenztes) Dasein Schicksal: Unser Leben beginnt unter Bedingungen, die ererbt sind. Das Dasein ist Geschichte, und niemand vermag, frei anzufangen. Aber jeder kann seine Möglichkeiten ins Auge fassen und sie auch gestalten. Sein Schicksal übernehmen heißt, es mit ihm aufnehmen. In der Hoffnung, dass es eine Führung (etwa durch Gott) gebe, mystifiziert der religiöse Mensch das Schicksal auf vielfältige Weise. Damit ringt er sich ein Ja ab zu dem, was eigentlich unverständlich ist. An die Stelle aktiver Auseinandersetzung mit den Bedingungen des Daseins tritt der « fatalistische » Glaube an Eingriffe von außen, der dem Spiel des Zufalls einen Sinn abgewinnen will. |
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