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Neues Testament besteht aus 27 verschiedenen Schriften, den vier Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas und Johannes), der - Apostelgeschichte, 13 « Paulusbriefen », die allerdings nicht alle von Paulus stammen, dem Hebräerbrief, 7 « katholischen Briefen » und der Apokalypse (Offenbarung) des Johannes. 1. Die neutestamentlichen Schriften sind chronologisch geordnet: Die Evangelien beschreiben das Wirken Jesu, die Apostelgeschichte den Anfang der christlichen Kirche; in den folgenden 21 Briefen sprechen die Apostel zur Kirche, und die Offenbarung des Johannes entwirft schließlich ein Bild der Zukunft. Die Entstehungszeit der einzelnen Schriften hat mit dieser chronologischen Ordnung nichts zu tun. Zwar enthält keine Schrift eine Datierung; man kann aber das jeweilige Alter doch ungefähr erschließen: Die Paulusbriefe sind die ältesten Bestandteile des Neuen Testaments. Paulus stand Jesus zeitlich näher als die Verfasser der Evangelien. Trotzdem ist von ihm so gut wie nichts über den Mann aus Nazareth zu erfahren. Das Jesusbild der Evangelien ist dann erst aus einem relativ großen zeitlichen Abstand zu den beschriebenen Ereignissen gezeichnet. Der 1. Thessalonicherbrief, die älteste neutestamentliche Schrift, ist um das Jahr SO n. Chr. verfasst worden. In den folgenden fünf bis sechs Jahren, das heißt gegen Ende seiner Wirksamkeit, schrieb Paulus den Galaterbrief, den so genannten Philipperbrief (der wahrscheinlich eine Zusammenstellung mehrerer an die Gemeinde in Philippi gerichteter Briefe ist), den Philemonbrief, die beiden Korintherbriefe (auch der 2. Korintherbrief scheint eine Komposition von ursprünglich mehreren Briefen zu sein) und schließlich den Römerbrief. Die anderen Briefe, die den Namen des Paulus tragen, sind in Wirklichkeit nicht von Paulus selbst, sondern von seinen Schülern verfasst worden. In der zeitlichen Reihenfolge kommt nach den Paulusbriefen das Markusevangelium. Es diente den Verfassern des Matthäus- und des Lukasevangeliums, die in den achtziger Jahren entstanden sein dürften, als Vorlage. Man nimmt an, dass der Lukasevangelist auch die Apostelgeschichte verfasst hat. Einen völlig anderen Charakter als die Synoptiker (Markus, Matthäus und Lukas) hat das Johannesevangelium, das wohl um die Jahrhundertwende verfasst worden ist. Die « gefälschten » Paulusbriefe (es galt als Zeichen der Bescheidenheit, wenn ein Schüler sein eigenes Werk unter dem Namen seines Lehrers herausgab) nennt man « Deuteropaulinen » : Wahrscheinlich zwischen dem Jahr 70 und der Jahrhundertwende sind der 2. Thessalonicherbrief, der Kolosserbrief und der Epheserbrief entstanden, während die « Pastoralbriefe » (1. und 2. Timotheus und Titus) vom Anfang des 2. Jahrhunderts stammen. Von den so genannten katholischen Briefen gehören der 1. Petrusbrief und der Jakobusbrief ins 1. Jahrhundert, die drei Johannesbriefe, der Judasbrief und der 2. Petrusbrief (die jüngste Schrift des Neuen Testaments) ins 2. Jahrhundert. Die Offenbarung des Johannes, die ebenso wie der Hebräerbrief um 90 n. Chr. entstanden sein dürfte, gehört einer anderen literarischen Gattung an als die sonstigen neutestamentlichen Schriften. (Apokalyptik) 2. Die Schriften des Neuen Testaments entstanden also innerhalb eines Zeitraumes von etwa 80 bis 90 Jahren. Ihre Aussagen sind nicht einheitlich. Matthäus und Lukas haben das Markusevangelium umgeschrieben, verändert und erweitert. Die Paulusschüler haben die Aussagen ihres Meisters weitergeführt und ergänzt. Der Verfasser des 2. Petrusbriefes hat den Judasbrief verarbeitet und verändert. Im Neuen Testament spiegelt sich der Übergang des Christentums aus dem aramäischen (Aramäisch, das zur Zeit Jesu in Palästina gesprochen wurde, ist eine späte Form des Hebräischen) in den griechischen Sprachbereich. Mit dem Wechsel der Sprache veränderten sich auch Kultur und religiöse Vorstellungswelt des Christentums. Zahlreiche neue Begriffe wurden eingeführt. In Palästina hatte man Jesus als « Rabbi » oder « Messias » bezeichnet. Im Griechischen nun übersetzte man «Messias» mit « Christus », vergaß aber bald die ursprüngliche Bedeutung dieses Ehrentitels und verwendete das Wort stattdessen wie einen Namen. Manche Bezeichnungen für Jesus (« Heiland » Soter; «Herr» Kyrios) wurden im griechisch-hellenistischen Bereich überhaupt erst neu eingeführt. Die Urgemeinde hatte noch mit der unmittelbaren Wiederkunft Jesu gerechnet (1. Kor. 15, 51) und geglaubt, dass das Reich Gottes bald hereinbrechen werde: Die Wiederkunft Jesu würde das Ende der Welt bedeuten. Mit der Verzögerung der Parusie kamen neue Fragen auf, die sich ursprünglich gar nicht gestellt hatten. Das Neue Testament bildet also weder eine literarische noch eine inhaltliche Einheit, sondern spiegelt den allerersten Prozess des Ausbaus der christlichen Botschaft von Jesus. Dabei kam es durchaus auch zu Widersprüchen in grundlegenden Auffassungen (vgl. z. B. Röm. 3, 28 mit Jak. 2, 24). 3. Dennoch wurde das Neue Testament zum Kanon (Richtschnur, Norm) der christlichen Kirche. Das älteste Kanonverzeichnis ist der so genannte Kanon Muratori aus dem 2. Jahrhundert. Darin fehlen noch einige Schriften (z. B. die Petrusbriefe und der Jakobusbrief), die heute zum Neuen Testament gehören; andererseits enthält dieses Verzeichnis eine Reihe von Texten (z. B. die «Weisheit Salomos » und die Petrusapokalypse), die heute als nichtkanonisch gelten. In der Frühzeit des Christentums standen darüber hinaus auch Schriften wie das Hebräerevangelium, die Didache («Lehre der zwölf Apostel ») und der 1. Clemensbrief (97 n. Chr. von einem römischen Presbyter an die Gemeinde in Korinth gerichtet) in gleich hohem Ansehen wie die schließlich kanonisierten Schriften. Erst gegen Ende des 4. Jahrhunderts wurde der Bestand des Neuen Testa- ments in dem heute bekannten Umfang festgeschrieben. Die christliche Kirche hatte damit festgelegt, was hinfort ihre Grundlage und ihr Maßstab sein sollte.
Bibel; Bund; Testament |
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