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ALEISTER CROWLEY

 
       
  Edward Alexander Crowley, geboren am 12. Oktober 1875 (um die Welt von dem Unglück zu befreien, das am selben Tag im Jahre 1492 für sie begann, wie er behauptete), führte ein Leben als Mystizist, Okkultist, Abenteurer und Bohémien. 1898, im Alter von 23 Jahren, trat er dem Hermetic Order of the Golden Dawn bei, einem okkulten Orden, der sich den gnostischen und kabbalistischen Techniken »spirituellen Wachstums« widmete, also in etwa dem, was wir heutzutage Bewußtseinserweiterung nennen. Zu den Golden-Dawn-Methoden, die Crowley beherrschte, gehörte die Kenntnis jener Grenzzustände, die man als »außerkörperliche Erfahrung«, »Visualisierung«, »außersinnliche Wahrnehmung« oder »Erreichung der Gottform« bezeichnet das Einswerden mit einer beliebigen Gottheit mit Hilfe von Techniken, die Okkultisten übernatürlich nennen, Skeptiker aber eher als enthusiastische Schauspielerei bezeichnen. Crowley selbst schwankte zwischen der okkulten und der skeptischen Ansicht hin und her. Zwischen 1900 und 1909 unternahm er ausgedehnte Reisen und studierte mal länger, mal kürzer, nichteuropäische mystische Systeme wie Buddhismus, Taoismus, Hinduismus und Sufismus. In diesen Jahren sammelte er Erfahrung in dharana (Konzentration auf einen Punkt), mantra (ständige Wiederholung einer Phrase, um das Wandern der Gedanken zu unterbinden), Yoga-, Dehnungsund Entspannungsübungen, in der tantrischen Technik von Sex Magick (»Einswerden« mit einer Gottheit, indem man während des Aktes diese Gottheit mit dem Sexpartner identifiziert) und ähnlichen Künsten; er entwickelte außerdem sein eigenes System, indem er riesige »Korrespondenztafeln« schuf, auf denen die Bezeichnungen aller mystischen Schulen zu denen jeder anderen in Beziehung gesetzt wurden, zum Beispiel: Der griechische Gott Pan, der Hindugott Shiva, die Tarotkarte »Der Gehängte«, die Farbe Blau, das Element Wasser, der hebräische Buchstabe MEM und das Rauschmittel Marihuana beziehen sich alle auf die »Astralebene«, der Crowley die Nummer 23 (die 23. Ebene oder Stufe der menschlichen Wahrnehmung) gibt. Um diese Stufe zu aktivieren, würde Crowley Pan oder Shiva anrufen, in einem Ritual, in dem Marihuana, die Farbe Blau, Wasser, Wanddekorationen mit der Tarotkarte des Gehängten und dem Buchstaben MEM eine Rolle spielen. Das ginge so durch 32 Ebenen oder Stufen. 1904 durchlebte Crowley in Kairo eine psychische Revolution, aus der er mit dem Buch »Liber Al« hervorkam, einem prophetischen und verblüffenden Werk, von dem er immer behauptete, er hätte es »empfangen«, nicht geschrieben. Crowley gefiel zuerst weder diese Erfahrung noch das Buch, und es gelang ihm, beides für nahezu zehn Jahre zu ignorieren. Nach 1914 jedoch fühlte er sich zunehmend unter ihrem Bann und widmete schließlich den Rest seines Lebens der »Mission«, die ihm das Buch auferlegte. Nach 1919 sprach er von der Kairoer Erfahrung als einer Begegnung mit einer übermenschlichen Intelligenz; einer seiner Schüler, Kenneth Grant, hat behauptet, die Wesenheit entstamme dem Doppelsternsystem Sirius, während ein anderer Schüler namens Israel Regardie es vorzog zu sagen, Crowley hätte Tiefen des menschlichen Unterbewußtseins erreicht, von denen weder Freud noch Jung etwas gewußt hätten. Wen oder was Crowley auch »kontaktet« hat, seine wichtigste Botschaft geriet dem weitgehend agnostischen Mystiker beinahe zum Dogma: »Tu was du willst soll das ganze Gesetz sein. Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen. Jeder Mann und jede Frau ist ein Stern.« Liber Al sagt Kriege und Revolutionen voraus, von denen Crowley oder irgendein anderer Intellektueller im Jahr 1904 nichts ahnen konnte, verspricht aber auch eine verheißungsvolle neue Gesellschaft, die irgendwann in der Zukunft aus den Ruinen erwachsen würde. Der letzte Absatz sagt, dass die Botschaft des Buches »enthüllt und verhüllt« ist. Enthüllt denen, die reif dafür sind und verborgen vor anderen? Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg scheint Crowley für den britischen Nachrichtendienst gearbeitet zu haben, wobei es Vermutungen gibt, dass er auch für die deutsche Seite gearbeitet habe, zumindest im Ersten Weltkrieg. Dieses Geheimnis und das Rätsel um die Herkunft der Macht oder Wesenheit, die er in Kairo entfesselt hatte, machten Crowley zu einer zentralen Figur in den meisten religiösen und dämonologischen Verschwörungen unserer Zeit. Crowley änderte seinen Vornamen in Aleister, so dass die kabbalistische Zahl seines Namens 666 ergab, die Zahl des Antichrist. Es machte ihm Spaß, Leichtgläubige zu erschrecken, deshalb stammt sein Ruf als Satanist nicht nur von religiösen und paranoiden Rechten; er spielte die Rolle hin und wieder absichtlich, jedoch immer auf absurde und satirische Weise. Zusätzlich zu den erwähnten »respektablen« mystischen Praktiken tat sich Crowley als Pionier schamanistischer und psychedelischer Studien hervor und nahm jede Art von bewußtseinsverändernden Drogen mit großem Vergnügen, je nachdem, welche der 32 Stufen er erreichen wollte; er beendete sein Leben als Heroinabhängiger. Er arbeitete sich durch mehrere Grade verschiedener Freimaurerlogen, darunter die Scotch-und-York-Riten, die Order of Memphis and Mizraim und den Ordo Templi Orientis, wo er Äußeres Haupt wurde (das Innere Haupt bleibt für Nichterleuchtete unsichtbar). Crowley wurde nach seinem Tod als Priester des Neuen Äons in vielen okkulten Kreisen akzeptiert (der Titel ist etwa vergleichbar mit einem Master des New Age), aber weitaus größer ist (vor allem unter Rechten) sein Ruf als größter Satanist des Jahrhunderts. Ungeachtet dessen, dass er die zweite Hälfte seines Lebens in Armut verbrachte, taucht Crowley in manchen Verschwörungstheorien als Verbündeter des internationalen Bankertums oder der Illuminaten oder anderer Weltbeweger auf, angeblich lieferte er die dämonische Energie für ihre materialistischen Intrigen. Das Auge im Dreieck, sein bevorzugtes Freimaurersymbol, verwickelte sich auf mysteriöse Weise in das Staatssiegel der Vereinigten Staaten, die Federal Reserve Bank und die New World Order. Aleister Crowley starb 1947 im Alter von 72 Jahren, eine reife Leistung, wenn man die Belastungen in Erwägung zieht, denen er Geist und Körper ausgesetzt hat. Er schrieb Dutzende von Gedichtbänden, ein paar Romane, haufenweise mystische Essays und war recht aktiv als Schachspieler, Jäger und Bergsteiger. Zu seinen Leistungen zählt der höchste Aufstieg auf den Himalayagipfel K2, der je ohne Sauerstofftanks unternommen wurde (1904; 7010 Meter).  
 

 

 

 
 
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