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Hinduismus, Bez. für die 3. Phase des Brahmanismus (2.-4. Jh. n. Chr.); aber auch für alle Formen des Brahmanismus überhaupt. Der Name ist von dem nordind. Fluß Indus abgeleitet, der dann später als religiöse Bez. für alle Inder diente, die sich zum H. bekannten. Da man nur durch Geburt ein Hindu werden kann, missioniert der H. nicht. Kennzeichnend für diese Phase sind die Verfestigung der Kastenordnung und Vorstellung von der Seelenwanderung. Von der Götterdreiheit (Trimurti) aus Brahman, Shiva und Vishnu werden besonders die beiden letzteren verehrt. Sie haben zahlreiche andere Götter in ihrem Gefolge. Der H. ist eine Erlösungsreligion, deren zahlreichen Sekten sich hauptsächlich dadurch unterscheiden, wie dieses Ziel erreicht wird. Die Erlösung (skrt.: mukti) d. h. die Befreiung von der Wiedergeburt, wollen die Shivaiten durch den Weg der Erkenntnis (skrt.: jnanamarga) erreichen, wozu besonders Yoga gehört. Ihr Ziel ist das Einswerden mit Gott. Die Vishnuiten bevorzugen den Weg der Gottesliebe (skrt.: bhaktimarga), die wichtiger als die Erkenntnis (skrt.: samkhya) sei. Die Liebe zu Gott auf seiten des Menschen hat ihre Entsprechung in der Gnade Gottes, welche den Menschen erlöst. Sie verwerfen sowohl die Askese als auch die sexuellen Praktiken (Tantrismus, Shaktismus) der Shivaiten. Ihr Ideal ist in den Lehren der Bhagavadgita niedergelegt.
Bekannteste Religion Indiens. Die drei höchsten Gottheiten sind Brahma, Shiva und Vishnu. Der H. lehrt das Gesetz der Vergeltung für gute und böse Taten (Karma) und vertritt die Theorie der Wiedergeburt. Die Welt, in der wir leben, wird als Illusion (Maya) verstanden, die überwunden werden muß. Der Hauptweg zu dieser Befreiung ist das Yoga. Neben den drei Hauptgöttern gibt es noch unzählige andere Götter. Diese Götterwelt macht es einem Europäer schwer, den Hinduismus in seiner Gesamtheit zu überschauen und zu verstehen.
Hinduismus, vom Namen des IndusStromes (Sanskrit Sindhu; griech. Indos) abgeleitet, von dem auch die Wörter «Indien» und « Inder » stammen « Hindus » sind also ursprünglich die « Leute vom Indus » , ist keine Selbstbezeichnung einer Religion, sondern ein von Europäern eingeführter Sammelname für verschiedene Religionen Indiens: Vis(c)hnuismus (Verehrung des Gottes Vis[c]hnu), S(c)hivaismus (Verehrung des Gottes S[c]hiva) und S(c)haktismus (Verehrung einer weiblichen Gottheit). Die Hindureligionen Offenbarungsreligionen, die ihre Stiftung Gottheiten zuschreiben - gehen auf sehr alte Traditionen zurück. Die Arier, die auch die heilige Sprache der Hindus, das Sanskrit, mitbrachten, das als die Sprache der Götter gilt, haben sie tief geprägt. Von den Ariern stammen die ältesten heiligen Texte der Hindus, die Veden (Veda: das Wissen). Der älteste der Veden ist der Rigveda, eine Sammlung von Götterhymnen und Gesängen mit über 10 000 Versen, der schon 1000 v. Chr. abgeschlossen war. Silbe für Silbe wird er bis auf den heutigen Tag mündlich überliefert. Seit dem Anfang des 1. Jahrtausends v. Chr. entwickelten die vedischen Priester eine Philosophie, die nach der Einheit hinter den vielfältigen Erscheinungen der Welt, nach einer Gottheit hinter der Vielzahl der Götter und nach dem Bewusstsein fragt, das den Menschen mit Gott verbindet. Dabei wurde die Lehre von der Wiedergeburt und die Lehre von der Erlösung durch Wissen ausgebildet. Dieses religiösphilosophische Denken wurde im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. in den BrahmanaTexten und den Upanishaden («geheime Sitzungen ») festgehalten. (Brahman, ursprünglich der Zauberspruch, der vom Priester beim Opfer gesprochen wird; Brahmane « Priester ») Unter dem Einfluss der Arier entstand auch das Kastenwesen, das sich bis heute erhalten hat. Eine Kaste (von lat. castus, «rein, keusch ») ist eine soziale Gruppe, die sich durch religiöse Reinheitsvorschriften von anderen Gruppen abgrenzt. Im heutigen Indien gibt es unübersehbar viele Kasten. Sie sind in Schichten, entsprechend den wichtigsten Aufgaben in der alten arischen Gesellschaft, geordnet: In Priester, Adelige und Krieger, Menschen, die für Haus, Vieh und Feld sorgen, und Dienende. Zwischen dem 6. und dem 4. Jahrhundert v. Chr. gab es eine Periode von Reformationen, die zur Entstehung eigenständiger Religionen führten. Die asketischen Lehren des Mahavira, genannt Jina (Sieger), begründeten den Jainismus, die des Gautama, genannt Buddha (der Erwachte), den 3 Buddhismus. Die Hindureligionen vertreten, ebenso wie Buddhismus und Jainismus, die Ansicht, dass Unwissenheit der Grund für die Unerlöstheit des Menschen sei. Der Weg der Erlösung heißt folglich Wissen, das aus dem Nachdenken, aber auch aus der Vision Gottes entsteht. So wird die Distanz zu Gott überwunden. Durch Meditation kann der Mensch seine Einheit mit dem absoluten Sein erfahren und erkennen. Im Unterschied zum Christentum und zum Islam sind die Hindureligionen grundsätzlich tolerant. In der Vielfalt der Gottesverehrungen gibt es ein gemeinsames Ziel aller Menschen, die Vereinigung mit Gott, das Heil. Um dieses höchste Ziel, die Erlösung, geht es in sechs grundlegenden « Anschauungen» oder Systemen, die die Brahmanen entwickelt haben. Von diesen Systemen sind bei uns vor allem Yoga (« Anschirrung», Joch) und Vedanta (Ende und Krönung des Veda) bekannt geworden. Ziel des Yoga sind Selbstbeherrschung und Konzentration. Im Vedanta werden die philosophischen Lehren der Upanishaden weiterentwickelt. Die individuelle Seele (Atman) und das Absolute (Brahman) sollen sich vereinigen. Das absolute Sein in den einzelnen Dingen und Erscheinungen ist das Ziel der Erkenntnis. Im zweiten nachchristlichen Jahrhundert stießen Christen (nach der Überlieferung war es der Apostel Thomas) nach Indien vor und gründeten dort christliche Gemeinden («Thomaschristen »). Seit dem 17. Jahrhundert trat das Christentum im Zug der kolonialen Expansion Europas erneut auf den Plan und erwarb sich dabei den Ruf einer Religion, die mit Fremdherrschaft, Unterdrückung und Ausbeutung zusammenfällt. Dennoch wurden einzelne christliche Gedanken (Nächstenliebe, Bergpredigt) akzeptiert und mit der indischen Tradition verbunden. Im 19. Jahrhundert entstanden eine Reihe von Reformbewegungen (« Neohinduismus »), die den politischen Hinduismus und die indische Unabhängigkeitsbewegung (Gandhi, 18691948) beeinflussten. Aus dem Neohinduismus heraus bildeten sich Bewegungen, die bis nach Europa und in die USA vordrangen. Im indischen Volksglauben spielen zahlreiche himmlische Götter (Deva) und Unterweltgötter (Asura) eine große Rolle. Daneben gibt es drei große Götter Brahma, Vishnu und Shiva, die im Zentrum je einer eigenen Religion stehen. Die Brahmareligion ist ausgestorben. In allen drei Hindureligionen werden diese Götter verehrt: Brahma als Weltschöpfer, Vishnu als Welterhalter und Shiva als Weltzerstörer. Gleichzeitig gilt diese Götterdreiheit als Gestalt einer einzigen höchsten Gottheit. Alles Geschehen in der Welt ist in einen sich stets wiederholenden zeitlichen Ablauf eingeordnet. Die Weltperioden begannen mit der Schöpfung des Gottes Brahma, und sie enden mit der Zerstörung durch den Gott Shiva. Die einzelnen Perioden sind ihrerseits in vier Zeitalter unterteilt. Nach dem ersten Zeitalter der vollkommenen Ordnung, des heiligen Wissens und allgemeiner Zufriedenheit führt fortschreitende Entfernung von den guten Anfängen zu allgemeinem Niedergang, zu Streit und Bösartigkeit. In Momenten größter Gefahr greift jedoch Vishnu ins Weltgeschehen ein: Er inkarniert sich und stellt (z. B. in der Gestalt Krishnas) die kosmische Ordnung vorübergehend wieder her. Außer in der Person Krishnas, des vollkommenen Menschen und inkarnierten Gottes, erscheint Vishnu auch in der Gestalt Ramas. Rama war das Ideal der indischen Herrscher. Die von ihm geübte Gerechtigkeit wollte z. B. auch die indische Unabhängigkeitsbewegung (vor 1947) wiederherstellen. Der einzelne Mensch lebt in unendlichen Wiederholungen, bis er schließlich zum höchsten Gott aufsteigt. Die gegenwärtige Weltperiode begann vor etwa 3 893 000 Jahren und wird in Feuer, Wind und Wasser enden; dann beginnt eine neue Schöpfung. Gott und Welt sind letztlich eins. Alle Geschöpfe und alle Dinge haben deshalb Anteil am Wesen Gottes, und jeder Mensch ist ein Teil des Absoluten. Wenn Atman (das individuelle Selbst) und Brahman (das universale Bewusstsein) miteinander verschmelzen, wird die Trennung des Einzelnen vom Ganzen aufgehoben, und das Individuum gelangt zu seinem eigenen Ursprung zurück. Brahman ist die abstrakteste Form der Gottesidee überhaupt: ein Sein jenseits der vergänglichen Welt, ohne Gestalt und Eigenschaft, das Unsichtbare und doch Wirkende, das Wesentliche. Erlösung kann auf drei Wegen erreicht werden: durch Handeln (Karma), durch Wissen oder durch Gottesliebe (Bhakti). Mittels Askese und Yoga erfolgt Läuterung, damit Denken und Meditation ungestört verlaufen können. Durch Meditation und Vision kann der Mensch schließlich zur letzten Erkenntnis gelangen. Die Bhagavadgita («Lied des Erhabenen », Andachtsbuch und heilige Schrift der Bhagavatreligion) beschreibt den Weg des Handelns nicht als Weltabkehr, sondern als soziales Engagement. Auf dem Erlösungsweg der Gottesliebe (Bhakti) wird der Mensch der Gnade teilhaftig. Gott und Mensch gehen aufeinander zu. Ziel ist die Verschmelzung des Einzelnen mit dem Absoluten. Während der Christ seinem Gott vor allem als Sünder, der Muslim Allah als Sklave gegenübertritt, begegnet der Hindu seinem Gott vor allem als « Gastgeber ». Der göttliche Gast wird im häuslichen Gottesdienst « empfangen ». Dieser Empfang ist die wesentliche religiöse Aufgabe von Mann und Frau. Mann und Frau durchleben vier Lebensstadien. Im ersten Stadium erwerben sie das notwendige religiöse Wissen. Im zweiten Stadium, das mit der Eheschließung beginnt, übernehmen sie die religiösen Pflichten gegenüber Eltern, Ahnen und Göttern. Während der dritten Phase zog man sich früher in die Stille zurück, übte Askese und studierte die heiligen Texte. Dieses letzte Lebensstadium soll der Loslösung vom Besitz, von den Menschen und von allen leiblichen Bedürfnissen dienen. |
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