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Sufismus

 
       
  Sufismus, abgel. von arab.: sufi = »wollenes Kleid«; eine mystische Bewegung (arab.: tasawwuf) im Islam (Mystik). Vorbereitet durch Askese, steigt die Seele auf einer Stufenleiter empor, bis sie über alle Leidenschaften triumphiert und sich in einer Art Ekstase mit Gott vereinigt. Einzelne Richtungen des S. gehen so weit, zu behaupten, daß der Mensch
von Allah abstamme und seiner Natur nach göttlich werden könne. Man unterscheidet folgende Stufen: Erkenntnis, Verweilen und Ruhen in Gott, Entwerdung seiner Selbst und mystische Vereinigung mit Gott. Spätere Formen des S. betonen Ekstase, Musik, Tanz (Derwische) und Murmelmeditation (der Name Allah wird ständig wiederholt). Es gibt vier Ausprägungen des S.: 1. Qadiriyya, sehr konservativ, legt Wert auf Selbsterniedrigung und Hingabe, um zu einer spirituellen Erfahrung zu gelangen; 2. Suhrawaerdi ya, pantheistisch; 3. Shadhiliyya, in Ägypten und Nordafrika verbreitet; 4. Mevlevi, Derwischorden. Bedeutende Vertreter des S. waren: AlArabi; Al-Ghazzali, Al-Hallaj u. Rumi. Der größte Sufi-Orden in Europa und USA wurde von Inayat Khan gegründet. (Idries, Shah)

Sufismus, Dachbegriff für die Mystik im Islam. Eine Verbindung mit griech. Sophia (Weisheit) ist etymologisch nicht haltbar; wahrscheinlich bezeichnet Sufi den in groben Wollstoff (suf) gekleideten Asketen. In der Theologie des S. wurden bestimmte Begriffe erarbeitet, mit denen auch Parapsychisches systematisiert wird: firasa, etwa mit Ahnung, Intuition wiederzugeben, die »Kenntnis des Verborgenen«, ist ein Vermögen, das es dem Sufi manchmal erlaubt, die eigene Todesart oder den Todestag zu erfahren. Als eine Art präkognitive Psychometrie kann es bezeichnet werden, wenn der Sufi über den Leib einer Schwangeren fährt und mittels firasa erkennt: Der Fötus ist männlich, er wird einst ein Dichter werden. — Der dikr [arab.; das Gedenken (Gottes im Herzen)] ist eine besondere Form des Verkehrs mit Gott; sie besteht in der gemeinsamen Rezitation der Gottesnamen, des Glaubensbekenntnisses, einer Sure aus dem Koran, des bloßen hu (»Er«, d. h. Gott) o. ä. Bei einem Sufi kann das dikr zu einer Technik werden, die vilaja (Gottnähe, Heiligmäßigkeit, Ekstase) vorbereitet. In diesem Zustand können parapsychische Erscheinungen auftreten, z. B. Feuerunempfindlichkeit (seine Kleider verbrennen, der Sufi selbst nicht), Fliegen, Levitation, Selbstverletzung ohne Blutverlust, tatawwur (Exteriorisation, auch die postmortale Erscheinung). Auf der höchsten Vilaja-Stufe ist dem Sufi die Totenerweckung möglich.
Sufismus, die mystische Schule des Islam. Der Sufismus hat laut alGhasali das Ziel, das Herz von allem abzuziehen, was nicht Allah ist, und es dafür einzig mit der Meditation über das Wesen des Göttlichen zu beschäftigen. Nach der Sufi-Lehre führt die totale Hingabe und Liebe zu Allah zur Erkenntnis der spirituellen Wahrheit: »Es gibt keine Wirklichkeit außer der Wirklichkeit.« Der Sufi-Sohn des indischen Großmoguls Schah Dschahan sah keinen einschneidenden Unterschied zwischen Sufismus und der vedischen Advaita-Lehre, da beide von dem großen Einssein, der Einheit Gottes, ausgingen. Der Sufismus hat auch zu anderen Religionen Parallelen und ist womöglich nicht rein islamischen Ursprungs. Henry Corbin, ein namhafter Gelehrter der vergleichenden Religionswissenschaften, vermutet, daß der Sufismus aus dem Zoroastrismus hervorgegangen und wahrscheinlich auf Parsen zurückzuführen ist, die nicht flohen, als die Moslems Persien eroberten. Trotzdem bleiben die Sufis dabei, daß Mohammed der erste Sufi und sein Vetter Ali, der vierte Khalifa, ebenfalls ein Sufi war. Insofern ist die spirituelle SufiTradition zumindest so alt wie der Islam. Das Wort sufi bedeutet »Wollgekleideter«, womit der Gegensatz zwischen der schlichten Kleidung der Sufis und den kostbaren Gewandungen hochgestellter Persönlichkeiten des politischen Lebens ausgedrückt wurde. Die Sufis leben einfach, häufen keinen Besitz an und konzentrieren sich ganz auf den Weg (Tariqa). Sie empfinden sich als Gefäß für die Gnade Allahs und sind darüber hinaus bestrebt, sich durch Einhaltung der islamischen Gebote und Übungen auch innerlich mit Gott zu vereinigen: »Ich bin das Gehör, mit dem Er hört, und das Gesicht, mit dem Er sieht.« Der Sufi erlebt also die eigene Göttlichkeit als Ausdruck des einen allumfassenden Gottes. Jelaludin Rumi, Shams-i-Täbris und Vedanta. Idries Shah, Die Sufis (1976).
 
 

 

 

 
 
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