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Pietismus

 
       
  Pietismus, ursprünglich eine evangelische Bewegung des 17. und 18. Jahrhunderts, die Herzensfrömmigkeit und Gottesliebe weit höher bewertete als Lippenbekenntnisse und Doktrinen. Bhakti.

Pietismus « Pietist » (von lat. pius, « fromm ») war ursprünglich der Spottname für einen besonders religiös eingestellten Menschen, einen « Frömmler ». Sich selbst verstanden die Pietisten als Erben Martin Luthers (1483 - 1546). Nach der -> Reformation sollte es der Augsburger Religionsfriede (1555) möglich machen, dass zwei christliche Glaubensbekenntnisse und Kirchenformen, die römisch-katholische und die evangelische, in Europa friedlich nebeneinander leben konnten. Aber zahlreiche religiöse Misshelligkei ten und weltpolitische Konflikte führten zum Dreißigjährigen Krieg (1628 - 1648). (Gegenreformation) An dessen Ende wurde klar, dass keine Konfession die andere mit Gewalt beseitigen konnte. Das Ansehen der Kirchen und ihrer Institutionen war tief gesunken. Man fragte sich, ob das Christentum der Zukunft überhaupt noch auf Stützen wie das kirchliche Recht und das Amt, die Liturgie und das Dogma angewiesen sei und ob es sich nicht direkter und wahrhaftiger als ausschließlich persönliche Frömmigkeit verwirklichen könne. In dieser Situation trat der Pietismus auf den Plan. Er wollte den Geist des Urchristentums erneuern. Der Orthodoxie warf er vor, sie hätte die zentralen Erkenntnisse der Reformation verschleudert und ihre Lebendigkeit abgetötet. Die Pietisten wollten Theologie und Kirche ihrer Zeit nicht nur kritisieren, sondern selbst eine gültige Gestalt christlichen Lebens schaffen. Die sachliche Programmschrift des lutherischen Pietismus verfasste Philipp Jakob Spener (1635-1705): «Pia Desideria (Fromme Wünsche) oder Herzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren evangelischen Kirchen »,1675. Darin forderte er, dass die Bibel in den Vordergrund des christlichen Lebens treten müsse; dies fördere das Wachstum des Glaubens und leite zu seiner Bewährung im Leben an. Das Christentum sei nicht Wissen, sondern Tat, das heißt Liebe, die das ganze Leben des Gläubigen bestimme. Besser als über Fragen des Glaubens zu streiten, sei es, die christliche Liebe in einem gottgefälligen Le benswandel Gestalt gewinnen zu lassen. Spener wurde zum unbestrittenen Führer der pietistischen Bewegung, die eine « neue Reformation» in die Wege leiten und Martin Luther « vollenden » wollte. Mit dieser Zielstellung handelte sie sich allerdings die Ablehnung der lutherischen Orthodoxie ein. Später aber wechselte die Gegnerschaft: Seit der Aufklärung traten Auseinandersetzungen mit der theologisch-kirchlichen « Rechtgläubigkeit » zurück, und die Pietisten legten sich stattdessen mit der liberalen Theologie an, die Bibel und Dogma aufklärerisch kritisierte und sich dem neuzeitlichen Denken anzupassen versuchte. Durch diesen Frontwechsel veränderte sich auch der Pietismus selbst: Aus einer anfangs kritischen, geheiligte Autoritäten verspottenden und « revolutionären » Kraft wurde ein konservatives, kirchenstabilisierendes Element, dessen Träger die «Stillen im Lande » waren. Der anfängliche revolutionäre Schwung der Pietisten war aus der Überzeugung gekommen, dass der höchste Wert des christlichen Lebens «Wiedergeburt» sei: Eine Art « Neuschöpfung » des Menschen, die diesen zum «Kind Gottes» werden lässt. Die Betonung der Wiedergeburt sollte mit der zentralen Lehre der Reformation, der « Rechtfertigung des Sünders allein aus Gnade durch den Glauben », nicht in Widerspruch treten; nach pietistischer Ansicht nimmt nämlich die «Wiedergeburt» als das größere und umfassendere Ereignis die « Rechtfertigung » als Teil in sich auf. Wiedergeburt hat mehr mit Erfahrung zu tun als die bloße Rechtfertigung «vor Gott », und sie zeigt sich auch deutlicher als Gehalt des Lebens. Zahlreiche Persönlichkeiten, Land_ schaftliche Besonderheiten und unter- schiedliche Gruppenbildungen mach_ ten aus dem Pietismus eine verwirrend vielfältige und vielschichtige Bewe- gung. Jeder der führenden pietistischen, Theologen - neben Spener: Gottfried Arnold (1666-1714), Nikolaus Lud- wig Graf von Zinzendorf (1700 -1760; Herrnhuter Brüdergemeine), Johann Albrecht Bengel (1697- 1752), Fried- rich Christoph Oetinger (1702 - 178) - entwickelte seine eigene Sicht des « neuen Menschen » und der «neuen Menschheit » und seine Theorie der Weltverwandlung durch Menschenver- wandlung. Der Hallesche Pietismus, der sich um August Hermann Francke (1663-1727) gruppierte, entfaltete weltweit zwischenkirchliche und ’Ins_ sionarische Beziehungen. Kirche im rechten Sinn ist für Pietisten ein Zusammenschluss von Wiederge- borenen, die ihren persönlichen Glau- ben « bezeugen » und in der « Liebes- tat » verwirklichen. Institution, Amt und Sakrament treten zurück gegen.. über der Bedeutung, die die freie Aktivität der « Laien » gewinnt. So entstanden aus dem Geist des Pietismus die kirchliche Frauen-, Männer- und Jugendarbeit, «Volksmission » und Bibelgesellschaften. Über Theologie und Kirche hinaus he_ einflusste der Pietismus auch Literatur und Kunst. Die Herrnhuter Brüdergemeine und Jung-Stilling (1740-1817) berührten Goethe (1749-1832), Schiller (1759 -1805) und Hölderlin (1770_ 1843). Lessing (1729 -1781) und Herder (1744 -1803) zollten ihr Anerkennung. Kant (1724-1804) und Fichte (1762 -1814) wurden pietistisch erzogen, und auch Schleiermacher (1768 - 1834), Novalis (1772-1801) und Kierkegaard (1813-1855) kamen in ihrer Jugend unter den Einfluss der Herrnhuter. Die Erweckungsbewegung trug diese pietistischen Anschauungen ins 19. und schließlich auch ins 20. Jahrhundert. Bis heute steht die Lehre von der Sünde in der Mitte der pietistischen Frömmigkeitsauffassung und des pietistischen Menschen- und Weltverständnisses. Die Folgen der Sünde - so die Pietisten - zeigen sich überall: in der Gesellschaft und in der Natur, im Geist und in der Moral.

Evangelische Frömmigkeitsbewegung im 17. Jh zur Überwindung der erstarrten Orthodoxie. Im Mittelpunkt standen persönliche Heilserfahrung und Abwendung von weltlichem Vergnügen, um sich ganz der Liebe zu widmen. Als Begründer des P. werden vor allem Philipp Jakob Spener (1635-1705) und August Hermann Francke (1663-1727) angesehen. Evangelisation; Frömmigkeit; Konfirmation; Beten; Gesangbuch
 
 

 

 

 
 
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