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Zwingli, Huldrych

 
       
  Zwingli, Huldrych wurde am 1. Januar 1484 in Wildhaus / Toggenburg als Sohn eines Bergbauern geboren. Sein Onkel, Dekan Bartholomäus, schickte ihn auf die Universität nach Wien, wo er in den Einflussbereich des (osteuropäischen) Humanismus kam, einer Kulturbewegung, die sich an der Antike orientierte und vor allem Naturwissenschaften und Poesie pflegte. Während eines Studienjahres in Paris lernte Zwingli die Theologie des Thomas von Aquin (1225 -1274) kennen. 1502 schrieb er sich an der Universität Basel ein. In Konstanz wurde er schließlich zum Priester geweiht. Während seiner Tätigkeit als Stadtpfarrer in Glarus beteiligte sich Zwingli an einer Wallfahrt nach Aachen und zog auch zweimal als Feldprediger nach Italien. Interessiert las er die Schriften des Erasmus von Rotterdam (1466 oder 1469 -1536);1516 besuchte er den Meister in Basel, dessen Ausgabe des Neuen Testaments im griechischen Urtext gerade an die Öffentlichkeit gekommen war. Erasmus vertrat die Ansicht, der « geheime Sinn » der Schrift sei nur allegorisch (gleichnishaft) zu ermitteln. Zwingli bezweifelte dies. Er wollte am wortwörtlichen Textsinn festhalten. «Du musst ... die Meinung Gottes rein aus seinem einfältigen Wort lernen. Da hub ich an, Gott zu bitten um sein Licht, und die Schrift fing an, mir klar zu werden, obwohl ich sie nur las.» Ende 1516 übernahm Zwingli ein Pfarramt in dem Wallfahrtsort Einsiedeln. Er studierte die Kirchenväter, die Schriften des Erasmus und das Neue Testament im Urtext. Unter dem Eindruck von Augustinus (354 -430) und Paulus entwickelte sich nun seine reformatorische Theologie. 1519 kam Zwingli ans Großmünster nach Zürich. Er begann dort mit der fortlaufenden Auslegung biblischer Bücher. Im Sommer desselben Jahres brach die Pest aus, und in Zürich starben zweieinhalb- von siebentausend Einwohnern. Auch Zwingli wurde von der Seuche angesteckt. In seinem « Pestlied » dichtete er: «Tu wie du wilt /mich nüt befilt » (« nichts ist mir zu viel »). Nach seiner Genesung aber führte er die Stadt in wenigen Jahren zur kirchlichen, sozialen und pädagogischen Reformation. Als Achtunddreißigjähriger heiratete Zwingli Anna Reinhart, die Witwe eines in der Lombardei gefallenen Junkers; sie brachte zwei Töchter und den Sohn Gerold mit in die Ehe, der sich eng an den Stiefvater anschloss und später zusammen mit ihm bei Kappel fiel. Zwingli und Anna Reinhart hatten vier Kinder. Im März 1522 brachen Zwinglis Freunde in der Werkstatt des Zürcher Buchdruckers Froschauer die kirchlichen Fastengebote. Zwingli setzte sich für sie ein: Der Glaube an die Gnade Gottes in Christus bedeute Freiheit von Menschenlehren. Zahlreiche Anklagen auf Ketzerei gingen alsbald beim Rat der Stadt ein. Es kam nun zur Ersten Zürcher Disputation (Januar 1523). Zwingli fasste seine Auffassungen in 67 « Schlussreden » (Thesen) zusammen. Durch deren Verteidigung wurde die reformatorische Predigt im Gebiet Zürichs legitimiert. Die « Auslegung und Begründung der Schlussreden » ist die erste umfassende evangelische Glaubenslehre in deutscher Sprache. Die Zweite Disputation im Herbst behandelte die Themen Messe und Heiligenbilder und führte zu ersten Maßnahmen der Kirchenerneuerung: Die Pfarrer wurden auf schriftgemäße Predigt verpflichtet, Bilder aus den Kirchen entfernt, Seelenmessestiftungen für Schule und Armenpflege verwendet, ein theologisches Seminar (« Prophezey ») für Übersetzung und Auslegung der Bibel eingerichtet. 1525 erschien als erste umfassende reformatorische Dogmatik Zwinglis « Commentarius de vera et falsa religione » (« Über wahre und falsche Religion» ).Zwingli zielte auf eine Reformation, die religiöse und gesellschaftliche Erneuerung zugleich war. Kirchlich wie politisch wies sein Vorhaben demokratische Tendenzen auf. Aber gegen freikirchliche Bestrebungen der Täufer ging er gnadenlos vor. Über das Verständnis des Abendmahls geriet Zwingli mit Luther (1483 - 1546) in Streit. 1529 begegneten sich die beiden Reformatoren in Marburg. In allen Lehrpunkten gab es Einigkeit, außer beim Problem der « Realpräsenz » («wirkliche Gegenwart Christi ») im Abendmahl. Für Zwingli war das Abendmahl ein Gedächtnis- und Bekenntnismahl, bei dem sich die Gemeinde an den Tod Jesu erinnert und ihren Glauben an den Gekreuzigten bekennt. Luther hingegen behauptete die wirkliche Gegenwart Jesu Christi: Im Abendmahl werde der wahre Leib und das wahre Blut des menschgewordenen, gekreuzigten und auferstandenen Christus «in, mit und unter » Brot und Wein dargereicht und empfangen. Deshalb sei das Abendmahl ein « Gnadenmittel », durch das Christus den Seinen zur Stärkung ihres Glaubens, d. h. zur «Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit », gegeben werde. Die unterschiedlichen Auffassungen in der Abendmahlslehre waren unüberbrückbar und führten schließlich zur Bildung zweier reformatorischer Kirchen. Zwinglis Reformation breitete sich über Zürich hinaus auch auf andere Schweizer und deutsche Städte aus. Zwei Bündnisse standen nun einander gegenüber: die altgläubigen Orte und das « Christliche Burgrecht » mit Zürich, Bern, Konstanz und Straßburg sowie Basel, Schaffhausen, St. Gallen, Biel und Mühlhausen E. Die Spannungen stiegen. 1529 konnte der Erste Kappeler Friede den Krieg noch einmal verhindern. Aber am 11. Oktober 1531 wurden die Zürcher überfallen und vernichtend geschlagen. Zwingli zog als Feldprediger mit in die Schlacht. Schon seit der Genesung von der Pest rechnete er mit einem gewaltsamen Tod. « Ich bin schon lange gefasst auf alles Böse von allen, Geistlichen und Laien. Ich flehe Christus nur um das eine an, dass er mir verleihe, alles mit mannhaftem Herzen zu tragen, und dass er mich, sein Geschirr, zerbreche oder festige, wie es ihm gefällt.» In den letzten Jahren trat bei Zwingli immer deutlicher das Leitbild hervor, ein « Prophet » zu sein, der seine « Stimme wie eine Posaune erhebt ». «Aber mit welcher Meinung und Absicht der allmächtige Gott solches durch mich, als seinen unwürdigen Diener, hat geschehen lassen wollen, kann ich nicht wissen, denn er allein erkennt und weiß das Geheimnis seiner Ratschlüsse.» Kurz vor der Schlacht, so wird erzählt, wandte sich der Bäcker Lienhardt Burckhart an Zwingli mit der Frage: «Wie gefällt euch die Sache? Sind die Rüben gesalzen? Wer will’s ausessen ? » « Ich und mancher Biedermann, der hier in Gottes Hand steht, dessen wir lebendig oder tot sind », entgegnete Zwingli. «Tapfer kämpfend» fiel er. Der Einfluss, den er durch seine Schriften ausüben konnte, war schon zu seinen Lebzeiten beträchtlich. Seine Lehre breitete sich vor allem in den süddeutschen Reichsstädten aus; direkte Nachwirkungen blieben aber im Wesentlichen auf die deutschsprachige Schweiz beschränkt.
 
 

 

 

 
 
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