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Aztekische Religion In der Mitte des 15. Jahrhunderts übernahmen die Azteken die Vorherrschaft über das Zentralbecken von Mexiko und dessen Umgebung und entwickelten dabei Kultur und Religion weiter, die die Tolteken als Erbe hinterlassen hatten. Als sich die Azteken mit den im Hochland ansässigen Nachbarvölkern vermischten, übernahmen sie von ihnen nicht nur Landwirtschaft und Architektur, sondern auch die Götter, sodass ein großes Pantheon und eine komplexe synkretistische (Synkretismus), zum Teil auch widersprüchliche Religion entstand. Im 16. Jahrhundert erreichte das aztekische Reich mit der Hauptstadt Tenochtitlan - dem «Mittelpunkt der Welt» - seinen Höhepunkt. Nach der Mythologie hatte sich der Kriegsgott Huitzilopochtli, Schutzgott der wandernden Mexicas, in Gestalt eines Adlers auf einem blühenden Kaktus inmitten eines Sees niedergelassen und damit seinen Anhängern nach langer beschwerlicher Reise bedeutet, das Becken von Mexiko zu besiedeln. Dort bauten sie ihrem Gott einen Schrein und darum herum eine in vier Viertel geteilte Stadt, die zum wichtigsten heiligen Ort des Reiches wurde. Die Stadt, um das Jahr 1325 n. Chr. von den Vorläufern der Azteken, den Chichimecas (sie nannten sich selbst « Mexicas »), gegründet, war militärische Festung, Zentrum des Kosmos und Fundament des Himmels in einem. Ihre Anlage drückte aus, dass die Kräfte des Universums und die soziale Welt, die himmlische Ordnung und der politische Staat miteinander in Beziehung standen. Die von den Azteken vollzogenen Zeremonien und Riten waren darauf angelegt, das drohende Chaos in der Welt in Schach zu halten oder es zu überwinden. In komplizierten theologischen Systemen wurden die traditionellen toltekischen mit aztekischen Ritualen und Gottesvorstellungen zusammengeführt. Huitzilopochtli, der Stammesgott der Azteken, wurde zur obersten Gottheit erklärt und als Sonnengott in das sich bildende Gefüge der zahlreichen Erdgottheiten sowie Vegetations- und Regengötter eingegliedert. Himmlische Kräfte manifestierten sich vor allem in natürlichen Erscheinungen (Gewittern, Bäumen, Bergen), in ausgezeichneten Personen (Königen, Ahnherrn und Kriegern) oder an geheimnisvollen Orten. Alt war der Glaube an ein göttliches Urpaar, «Herr und Herrin unseres Fleisches », die die übrigen Götter und die Menschen geschaffen hatten, um sich nach getaner Tat zurückzuziehen, weshalb sie auch nicht kultisch verehrt wurden. Der eigentliche Akt der Weltschöpfung blieb dem Urpaar Quetzalcoatl und Huitzilopochtli (Quetzalcoatl und Tezcatlipoca ; Gott des Lichtes/des Tages, Gott der Finsternis/ der Nacht) vorbehalten; sie waren es, die das Universum ordneten und das Feuer schufen. Ihre eigene Welt galt den Azteken als fünfte Schöpfung; nachdem die erste durch Jaguare, die zweite durch einen Wirbelsturm, die dritte durch Vulkanausbrüche und die vierte durch eine Sintflut vernichtet worden war, gingen sie davon aus, dass die letzte durch ein Beben untergehen würde. Himmel und Unterwelt stellte man sich wie zwei Pyramiden vor, die an der Basis miteinander verbunden waren. Ihre Schnittfläche bildete die Erdscheibe. Die Stufen, die die Sonne hinauf- und hinabsteigt, symbolisierten die (9 oder 13) Himmel und die (9) Unterwelten. Die Überwelt bildete den himmlischen Raum und Sitz der Götter, die Unterwelt den « Ort der Toten » und die Mittelwelt die irdische Ebene. Die Erde selbst schwamm in heiligen Gewässern. Die drei Hauptebenen verband ein Weltenbaum, dessen Wurzeln in die Unterwelt, dessen Stamm in die Mittelwelt und dessen Zweige in die himmlische Welt hineinreichten. Nach Überzeugung der Azteken war das Leben nach dem Tod nicht vom ethischen Verhalten, sondern von der Todesart des Betreffenden bestimmt. Könige, im Krieg getötete oder geopferte Krieger sowie im Kindbett gestorbene Frauen stiegen nach ihrer Einäscherung zum Himmel (ins «Haus der Sonne ») auf und begleiteten hinfort den Sonnengott auf seiner täglichen Reise. Wer jedoch unauffällig oder in Sünde aus der Welt schied, endete, nachdem er in der Erde bestattet wurde, im schrecklichen Land der Toten (Mictlan). Die große Zahl von Gottheiten des aztekischen Pantheons waren den Themen Schöpfung, Fruchtbarkeit, Wachstum, Ernährung und Krieg zugeordnet. Die religiösen Handlungen der Menschen - Gebet, Kasteiung und Opfer -sollten die Götter günstig stimmen. Angeblich galt die Darbringung von Menschen - Frauen, gefangenen Kriegern und Sklaven - als wertvollstes Opfer. Menschenopferungen sollen unter den Azteken zu regelrechten Massenschlachtungen ausgeartet sein. Beim« Herzopfer » habe man den Auserwählten aus dem über einen kegelförmigen Opferstein gespannten Leib das Herz herausgeschnitten, um es in einer Schale dem Sonnengott darzubringen. Das Frühlingsfest der Azteken stand im Zeichen der Vegetationsgottheit Xipetotec; zu ihrer Ehre soll einem Priester die abgezogene Haut eines Opfers übergezogen worden sein, um die Wiedergeburt des Gottes und die Neubelebung der Natur zu symbolisieren.Wichtiger als die Priester, die Träger und Hüter der kulturellen Errungenschaften, der (Bilder-) Schrift und des Kalenderwesens waren, wurden im Laufe der Zeit die Krieger. Um ihren Bedarf an Opfern decken zu können, sollen die Azteken den « Blumenkrieg » erfunden haben, der nicht dem Gewinn von Land, sondern der Beschaffung von Opfern in Gestalt von Kriegsgefangenen diente. Der Zeremonienbezirk in Tenochtitlän umfasste über 80 Ritualtempel, Schädelbänke, Schulen und andere Bauwerke. Den heute so genannten Großen Aztekentempel haben die Spanier im Jahr 1521 zerstört. |
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