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Babylon (Babylonisch-assyrische Religion) Die Babylonisch-assyrische Religion ist ein Mischprodukt semitischakkadischer und sumerischer Glaubensformen. Babylonien liegt an Euphrat und Tigris, deren Oberlauf das Land « zwischen den beiden Strömen » (« Mesopotamien »), das Kernland Assyriens, einschließt. Schon in alter Zeit gab es dort Stadtstaaten. Dem König, der das Land von der Hauptstadt aus regierte, unterstanden die verschiedenen Stadtkönigtümer. Um 2500 v. Chr. schuf Sargon I. ein Großreich mit der Hauptstadt Akkad. Zu Beginn des 2. Jahrtausends wurde Babel zum neuen Herrschaftszentrum. Etwa zwischen 1820 und 1780 v. Chr. herrschte Hammurapi, der durch seine Kanalbauten, die Regelung der Geldwirtschaft und die Pflege des Rechts berühmt wurde. 1901102 fand man eine Gesetzesstele Hammurapis. Der Text umfasst etwa 300 Paragraphen, die der König von dem Gott Schamasch empfangen haben will. Erstaunliche Übereinstimmungen gibt es zwischen dem Gesetz Hammurapis und dem juristischen Teil des alttestamentlichen Bundesbuches (Gesetzessammlung in 2. Mose 20, 22 -23 und 33, die entweder im 9. oder schon im 11. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist). Im 13. Jahrhundert v. Chr. entwickelte sich Assur zu einer Großmacht, die im 1. Jahrtausend auch die Vorherrschaft übernahm. Nebukadnezar (604-562 v. Chr.) hat das erneut aufsteigende Babylon ausgebaut und auf seinen Eroberungszügen nach Westen 587 v. Chr. Jerusalem zerstört. Im 6. Jahrhundert begann der Aufstieg des Perserreiches. 539 v. Chr. zog Kyros in Babylon ein. « Babylon und das übrige Assyrien » wurden nun mit Persien verbunden. Wahrscheinlich um 525 v. Chr. durften die nach Babylon deportierten Judäer nach Jerusalem zurückkehren. (Israel) Im 4. Jahrhundert wurde Alexander der Große (gest. 323 v. Chr.) Herr über das Perserreich. Babylon, wo Alexander starb, sollte die Hauptstadt seines neuen Großreiches werden. Als die Römer von Westen nach Kleinasien und Syrien vorstießen, konnten die Sassaniden von Persien her ihre Herrschaft ausdehnen. Sie belebten die zoroastrische Nationalreligion des alten Persien aufs Neue und machten den Mazdaismus zur Staatsreligion (Zarathustra). Im 6. Jahrhundert waren Mesopotamien und Syrien in der Hand der Sassaniden. 636 n. Chr. erlag Babylon dem Ansturm der Araber. Die Stadt Babylon (« Gottespforte ») am Ufer des Euphrat, die schon im 3. Jahrtausend v. Chr. bestand, war im Altertum eine der bekanntesten Städte des Zweistromlandes. Das Alte Testament enthält zwei Beschreibungen der Gründung von Babel (2. Mose 10, 8-12; 11, 1-9). Bei Ausgrabungen fanden sich u. a. ein Stadtschloss, bastionartige Burganlagen und Altstadtbefestigungen. Dort waren auch die berühmten « hängenden Gärten der Semiramis ». Der bekannteste Bau der Stadt war jedoch der «Turm von Babel », der «Tempel des Grundsteines von Himmel und Erde », aus der Zeit vor 2000 v. Chr., eine Stufenpyramide mit fünf Stockwerken, die sich nach oben verjüngten. Auf dem obersten Plateau stand ein zweistöckiger Hochtempel. Dort befand sich ein Bett des Gottes Marduk. Insgesamt hatte das Bauwerk die beachtliche Höhe von 92 Metern. Marduk war seit dem Zeitpunkt, als Babel die Hauptstadt des Reiches wurde, der oberste Gott des babylonischen Pantheons und Herr über die älteren lokalen Stadtgötter und Naturgötter geworden. Jedes Jahr im Frühling feierte man in Babylonien sein Thronbesteigungsfest. Neben ihm gab es die Himmelsgötter Mond, Sonne und Wetter und den Unterwelt- und Pestgott. Als Himmelskönigin galt Ischtar, die Göttin der sinnlichen Liebe und Fruchtbarkeit, von deren Fahrt in die Hölle ein babylonisches Epos erzählt. Preislieder der Ischtar erinnern an alttestamentliche Psalmen: « Ich harre, meine Herrin, auf dich; mein Sinn ist auf dich gerichtet. Ich flehe dich an: Vergiss meine Missetaten, nimm an mein Flehen! » Am Tag der Thronbesteigung Marduks wurde das Weltschöpfungsepos « Enuma Elisch » rezitiert: Marduk ist der König der Menschen und der Götter. Er besiegt Tiamat, den Drachen des Urmeeres. Aus Tiamat schafft er den Himmel und die Erde, aus Blut und Lehm macht er die Menschen. Das Gilgameschepos erzählt von den Abenteuern des Königs Gilgamesch von Uruk in Südbabylonien, der, in seinem Bemühen, dem Tod zu entrinnen, bis ans Ende der Welt gelangt. Inhaltlich und formal gibt es zahlreiche Berührungspunkte mit der alttestamentlichen Literatur (z. B. mit der Sintfluterzählung). Seit der Zeit des babylonischen Exils unter Nebukadnezar lebten zahlreiche Juden «an den Wassern Babylons ». (Israel) Aus der dort entstandenen Priester- und Gelehrtenschule soll der berühmte Schriftgelehrte Hillel (gest. um 5 v. Chr.) hervorgegangen sein. In Babylonien kam das Judentum mit den parsistischen Engel- und Dämonenlehren in Berührung. Babylonische Magie und Astrologie beeinflussten über die Vermittlung des Judentums auch das Christentum. Als die Römer 70 n. Chr. Jerusalem zerstörten, erklärten die Juden die römische Weltmacht zum « neuen Babylon». Die alttestamentlichen Propheten hatten schon zuvor « Babylon » als Repräsentantin der gottfeindlichen Mächte schlechthin bezeichnet (Jes. 13; 14; 47; Jer. 50). Die Christen führten später den sprichwörtlichen Gebrauch von « Babylon » weiter. Ebenso wie die Juden bezeichneten die von der Staatsmacht Verfolgten die gottesfeindliche, lasterhafte Stadt Rom als « Babylon » (Apk. 17, 1 ff.). Seit Origenes (gest. 254), der Babylon als Stadt des Teufels und als Ausgangspunkt aller Gewalt und des Bösen in der Welt bezeichnete, wurde dem « Sündenbabel » die Gottesstadt Jerusalem als Symbol des Himmels und der Kirche gegenübergestellt. Augustinus (354 -430) sah die «Stadt des Teufels » in beständigem Kampf mit dem Zion verstrickt, der Stadt Gottes und der Kirche. Im Zusammenhang ihrer Spekulationen über den Kampf des Lichtes mit der Finsternis greifen evangelikale Kreise bis heute noch gerne auf das Symbol « Babel » zurück. |
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