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Unbewußte

 
       
  Unbewußte, das, in der Psychoanalyse (Freud, Adler, Jung) der Inbegriff seelischer Inhalte und Tatbestände, die nicht durch unmittelbare Erfahrung in Erscheinung treten, aber zur Ganzheit der Seele gehören und die Voraussetzung für das Verständnis seelischer Vorgänge bilden. Nach Freud umfaßt das U. das Es und die Tiefenschicht des Über-Ich. - Jung unterscheidet das kollektive U. vom persönlichen U., das die Gedächtnisfunktion, die Sinnesvorgänge, die noch nicht bewußtseinsreifen Inhalte umfaßt. Die - Parapsychologie nimmt an, daß sich aus dem U. Seelenkräfte abspalten und selbständig machen und z. B. Spuk verursachen können.

Unbewußte, das, die Summe aller vorhandenen, aber nicht im Bewußtsein befindlichen psychischen Inhalte; die verschiedenen Interpretationen des U.n verbindet, daß es meist als Chiffre für etwas letztlich Unfaßbares verstanden wird. Leibniz gebraucht das Bild, jede Seele sei ein Spiegel des Universums; das All affiziere den einzelnen im U.n. In ebenfalls eher philos. Sinn verwandten auch Goethe, Carus, Schelling, Fechner, Herbart, v. Hartmann und Nietzsche den Begriff. Für das 20. Jh. wichtig wurden die Auffassungen Freuds — er unterschied U.s, Vorbewußtes und Bewußtes — und Jungs Trennung des persönlichen von einem kollektiven U.n. — Jaspers verwies auf 4 Aspekte, unter denen das U. gesehen wird: das ehemals Bewußte, Vergessene, aber Erinnerbare (= Vorbewußtes); 2. das Unbewertete, das, was keine Gestalt erlangte; 3. das machtvoll Kreative, Ursprung und Ziel des Menschen (Jung sprach vom »schöpferischen Mutterboden des Bewußt-seins»); 4. das psychisch Reale, das absolute Sein. Das Schema verbildlicht verschiedene tiefenpsychologische Konzepte zur psychischen Schichtung. Das Es ist der psychische Bereich unter der Bewußtseinslinie. Die Grenze zwischen Unbewußtem und Bewußtem ist nicht scharf, sondern veränderlich: »Was Es ist, wird Ich werden« (Freud). Die Pfeile versinnbildlichen ASW-Informationen; die Offnung im Es kann als Übergang zum Kollektiven Unbewußten verstanden werden. Die Information a wird an der Schwelle zum Bewußtsein zensuriert (Zensur) und gelangt in einer bestimmten Einkleidung (Dramatisierung) ins Bewußtsein, etwa als Wahrtraum oder bildliche Vorstellung; b scheitert an der Zensur, die Information wird verdrängt, kann aber verhaltensdeterminierend wirken; c wird ebenfalls nicht bewußt, ihr Vorhandensein kann aber unter Umständen registriert werden (Plethysmograph); die Information d steigt geradewegs ins Bewußtsein, sie kann beispielsweise als spontanes Wissen auftreten. Die Notwendigkeit des tiefenps. Postulats vom U.n wird von der Ps., namentlich der Neurops., gelegentlich bestritten: »Da wir heute mit voller Sicherheit wissen, daß die Grundlagen jeden bewußten Erlebens in Erregungsprozessen des Gehirns bestehen, ist es überflüssig, zwischen das bewußte Erleben und seine organischen Grundlagen noch ein unbewußtes Seelenleben als Zwischenstadium einzuschalten: denn dieses unbewußte psychische geschehen müßte dann selbst wieder organische Grundlagen haben. Die Hypothese unbewußter psychischer Prozesse ist daher eine überflüssige Annahme; sie bringt keinen wissenschaftlichen Gewinn ... Die Lehre vom unbewußten psychischen Geschehen ist durch den Fortschritt der neuropsychologischen Forschung überholt; man braucht diese Hypothese nicht mehr. Mit dieser Entwicklung ist genau dasjenige eingetreten, was Freud nicht nur geahnt, sondern mit klaren Worten vorausgesagt hat. Die Größe seiner Persönlichkeit zeigt sich kaum irgendwo eindrucksvoller als in seinen selbstkritischen düsteren Prognosen über die Zukunft der psychoanalytischen Theorien: man dürfte Theorien, die den analytischen Auffassungen widersprechen, zurückweisen — so erklärte Freud im Jahre 1920 und fährt dann wörtlich fort: ›... und kann dabei doch wissen, daß die Richtigkeit derer, die man selbst vertritt, nur eine vorläufige ist.< Die Tatsache, daß seine Lehren manchmal zu befremdenden Vorstellungen führen, >rührt nur daher, daß wir genötigt sind, mit den wissenschaftlichen Termini, d. h. mit der eigenen Bildersprache der Psychologie (richtig: der Tiefenpsychologie) zu arbeiten. Sonst könnten wir die entsprechenden Vorgänge überhaupt nicht beschreiben, ja würden sie gar nicht wahrgenommen haben. Die Mängel unserer Beschreibung würden wahrscheinlich verschwinden, wenn wir anstatt der psychologischen Termini schon die physiologischen oder chemischen einsetzen könnten< (Jenseits des Lustprinzips). Bis zu einem gewissen Grade kann man heute schon die physiologischen Termini einsetzen, ja es kündet sich sogar schon die Möglichkeit der chemischen Termini an: es ist daher an der Zeit, die Bildersprache des unbewußten Seelenlebens aufzugeben.« Für die Pps. wurde der Begriff des U.n in der Akzentuierung —> Janets von Bedeutung: »Es soll bei den parapsychisch veranlagten Menschen unbewußte psychische Akte geben, die sich nach außen in ganz gleicher Weise kundgeben wie entsprechend bewußte Erlebnisse« ; d. h., der Aktionsradius des U.n soll über die leibliche Grenze hinausreichen. Das U. der Tiefenps. und weiter Bereiche der Pps. ist hypothetisch; ob Freud in dem angeführten Zitat das Ende der Psychoanalyse vorwegnimmt oder hinter ihre Anfänge zurückfällt, bleibt eine offene Frage. Jedenfalls sind die von dem österr. Psychologen Hubert Rohracher vermuteten Veränderungen der molekularen Feinstrukturen in den Ganglienzellen durch gehirnelektrische Prozesse, die dem bewußten ’Erleben zugrunde liegen sollen, auch hypothetisch. Der Unterschied beider Auffassungen besteht darin, daß das U. nur wahrscheinlich gemacht werden kann, aber grundsätzlich unbeweisbar bleibt; die Hypothese der Neurops. könnte jedoch durch neue oder verfeinerte Untersuchungsmethoden empirisch verifiziert oder falsifiziert werden. Auf der einen Seite wird somit den Theoretikern des U.n der Vorwurf gemacht, sie stünden nicht auf der Höhe der naturwiss. Erkenntnis ihrer Zeit; andererseits aber wird eine bemerkenswerte Annäherung zwischen physikalischen und tiefenps. Theorien sichtbar: Der frz. Physiker Olivier Costa de Beauregard sagt, »daß das von den Physikern erforschte Universum nicht das Ganze sei, sondern die Existenz eines anderen, viel ursprünglicheren psychischen Universums ahnen lasse, wovon das materielle Universum nur ein passives und partielles Doppel darstelle.«
Unbewußte, das, in der Psychoanalyse der Bereich der Psyche, der nicht der bewußten Wahrnehmung unterliegt. Die unbewußten seelischen Schichten liegen unterhalb der Bewußtseinsschwelle, können jedoch mit Hilfe von Hypnose und gelenkter Phantasie in das bewußte Wahrnehmungsfeld hochgeholt werden. Die archetypischen Bereiche der Psyche nannte C. G. Jung das kollektive Unbewußte. Umgangssprachlich wird oft synonym das Wort Unterbewußtsein verwendet.
 
 

 

 

 
 
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