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Golem, hebr.: galam »zusammenfalten«, das Unentwickelte; ein künstlicher Mensch, den wundertätige Rabbiner erschaffen können. So soll der Rabbi Elija von Chelm aus Litauen bis zu seinem Tod im Jahre 1797 einen G. als Diener gehabt haben. Im 19. Jh. machte man den Prager Rabbi Loew (1520-1609) zum Schöpfer dieser Gestalt. Aber erst durch den gleichnamigen Roman Gustav von Meyrincks wurde der G. populär.
Künstliches Wesen aus Lehm, Kabbalah.
Diese künstlichen Lebewesen der Legende bekamen ihren Namen nach dem hebräischen »galam«, das Unentwickelte. Das Geheimnis um den wahren Namen des hebräischen Gottes hatte bei den Juden des Altertums zu der Vorstellung geführt, dass die Kenntnis seiner richtigen Aussprache Wunder vollbringen könne, also auch künstliche Menschen schaffen. Da sich ein Golem nicht fortpflanzen konnte und nicht der Sprache mächtig war, betrachtete man ihn als ein Wesen, das tiefer als alle anderen Lebewesen rangiert.
Ein Golem wurde aus Lehm geformt. Rabbiner, die Kenntnisse von dem geheimen Gottesnamen hatten, erweckten den Lehmmenschen zum Leben, indem sie ihm einen Pergamentstreifen mit dem »wahren« Namen Gottes in den Mund steckten. Wurde der Streifen entfernt, fiel der künstliche Mensch wieder in Totenstarre.
In anderen Schriften wurde berichtet, dass dem Menschen aus Lehm das hebräische Wort »emet«, Wahrheit, auf die Stirn geschrieben wurde (die hebräischen Buchstaben Alef, Mem und Tav). Um das so geschaffene Wesen wieder in Regungslosigkeit zu versetzen, genügte es, den Buchstaben Alef zu entfernen. Aus »emet« wurde so »met« – das hebräische Wort für tot.
Die ungeschlachten, plumpen und dummen Wesen wurden der Legende zufolge als Arbeitskräfte und Diener eingesetzt, wobei sie gewaltige Kräfte entwickelt haben sollen. Der berühmteste aller Golems wird dem Prager Rabbi Juda Löw zugeschrieben. Er wurde nach zeitgenössischen Berichten in der vierten Morgenstunde des 20. Adar im Jahr 5340 jüdischer Zeitrechnung, also im März 1580, aus Moldaulehm geschaffen. Die Beschreibung dieser Schöpfung entspricht der Anleitung, die Eleasar von Worms schon im 12. Jahrhundert niedergeschrieben hatte.
Doch der gerade mal 1,50 Meter große Lehmmensch muss seinem Schöpfer im Laufe der Zeit große Schwierigkeiten bereitet haben. In einem Bericht aus jener Zeit wird geschildert, dass er einmal Wasser vom Brunnen in Löws Haus bringen sollte. In Abwesenheit seines Herrn schleppte der Golem einen Eimer Wasser nach dem anderen heran und hörte nicht auf, bis schließlich so viel Wasser im Haus war, dass es wie ein Schwall aus der Tür geschossen kam.
Eines Tages sollte der Golem Äpfel kaufen. Da er ja nicht sprechen konnte, konnte er nicht mitteilen, wie viele es sein sollten. So lud er den ganzen Marktstand inklusive Marktfrau auf die Schultern und schleppte alles in das Haus des Rabbiners.
Doch in vielen Berichten werden auch die Schattenseiten des unberechenbaren Golems geschildert. So habe Rabbi Löw zu Sabbatbeginn vergessen, dem Golem den Pergamentstreifen (Chem genannt) aus dem Mund zu nehmen. Der Rabbi hatte in der Altneusynagoge schon das den Sabbat willkommen heißende Gebet angestimmt, als aus der Gasse ein gewaltiger Lärm in das Gotteshaus drang. Der rasende Golem war aus unbekannten Gründen in Wut geraten und schlug im Zorn alles kurz und klein. Löw rannte aus dem Gotteshaus, um den Chem aus dem Mund des Golems zu nehmen. Dann war endlich Ruhe.
Bald darauf entzog der Rabbi dem Golem den lebensspendenden Pergamentstreifen für immer und ließ den toten Lehmkörper auf den Dachboden der Altneusynagoge bringen. Das geschah nach den Berichten am 18. Ijar 5353, also im Mai 1593.
Doch der Golem hatte dort keine Ruhe. Immer wieder sollen Menschen versucht haben, ihn dort wieder zum Leben zu erwecken. Ein Maurer, der eine undichte Stelle im Dach der Synagoge flicken sollte, entdeckte den Golem. Er versuchte mit einem Chem, den seine Frau, die Tochter eines Rabbiners in ihrer Truhe aufbewahrte, den Golem zu erwecken. Der Golem erwachte nach der Legende zwar, missachtete aber den Willen seines Herren und begann, in der Stadt Amok zu laufen. In einem alten Bericht heißt es: »Als er aber sieben Menschen erwürgt und mit den Flammen aus seinen Augen die Goldene Gasse in Brand gesteckt hatte, kam eine weiße Taube geflogen, ergriff den Chem mit dem Schnabel und flog nach Osten davon. Der Golem erstarrte, brach zusammen und löste sich in heftigen Regengüssen auf ...« Dennoch wird der Körper des Golem immer wieder in Prag gesucht. Der berühmte Reporter Egon Erwin Kisch forschte 1920 auf dem Dachboden der Altneusynagoge nach Überresten.
Der tschechische Ingenieur Ivan Mackerle nahm bei seiner Suche nach dem Golem im Jahr 1984 sogar Radarmessungen vor. Auch er fand keine Spuren. In der jüdischen Gemeinde Prags ist das künstliche Wesen immer noch lebendig. In der Altneusynagoge wird zu jedem Sabbatbeginn am Freitagabend jenes Gebet, das Rabbi Löw unterbrechen musste, um dem Golem den Chem zu entreißen, zweimal gesprochen.
Golem [hebr.; formlose Masse], ein sprachloser Homunkulus, den manche Kabbalisten angeblich erschaffen haben. Ursprünglich scheint sich der G. seinem Schöpfer nur in der Ekstase belebt zu haben; die frühesten erhaltenen Vorschriften zu seiner Erschaffung stehen bei dem Wormser Rabbiner Eleasar ben Juda ben Kalonymos (ca. 6o—r z3o). Die Erzeugung des G. aus Erde, belebt durch die Buchstaben des Namens Gottes (geschrieben auf ein Blatt Papier, das der aus Lehm geformten menschenähnlichen Gestalt in den Mund gelegt wurde), wiederholt die Erschaffung des ersten Menschen Adam [hebr. adamah; Erde]. Der Mythos wurde, wohl erst zu Beginn des 19. Jh.s, auf Juda Löw ben Bezalel, den »hohen Rabbi Löw« aus Prag (152o—i6o9), übertragen; in dieser Form wurde das Motiv von Meyrink in seinem Roman Der Golem (1915) aufgegriffen. »Die Kraft der Rede konnte er [R. Löw] dem G. nicht eingeben, denn was diesem innewohnte, war eine Art Lebenstrieb, aber keine Seele. Er war wohl mit einem gewissen Unterscheidungsvermögen ausgestattet, aber Dinge der Weisheit und höhere Einsicht blieben ihm versagt. — Wiewohl nun der G. keine Seele hatte, merkte man ihm am Sabbat etwas Besonderes an, und sein Gesicht erschien freundlicher als an Wochentagen ... Der G. barg in seinem Innern keinerlei Neigungen, weder gute noch sündhafte. Was er tat, geschah nur unter Zwang und aus Furcht, zurück ins Nichts versenkt zu werden. Alles, was zehn Ellen über und zehn Ellen unter der Erde lag, war für ihn mit Leichtigkeit zu erreichen, und nichts konnte ihn an der Ausführung des einmal Unternommenen hindern. — Er mußte ohne Zeugungstrieb erschaffen werden, sonst hätte sich kein Weib vor ihm retten können ... Weil er aber keinen Trieb kannte, so haftete ihm auch keine Krankheit an ... R. Löw behauptete, daß der G. auch Anteil am ewigen Leben haben werde, da er sovielmal Israel vor schwerer Not bewahrt hatte.«
Golem, nach jüdischem Volksglauben ein Geschöpf – meist in Menschengestalt –, das mit Hilfe der Magie und heiliger Namen künstlich erschaffen wurde. Die Kabbala enthält viele Hinweise auf die schöpferische Kraft, die den Buchstaben der Gottesnamen innewohnt. Nach landläufiger Vorstellung kann ein Magier durch Aussprechen der Namen Gottes den göttlichen Schöpferakt simulieren und ein dienstbares, roboterartiges Wesen hervorbringen. Wie der Kabbalist Moses Cordovero angibt, vermochten solche Leute einem Golem zwar »Lebendigkeit« zu verleihen, aber weder »Seele« noch »Geist«. Das Europa des 17. Jahrhunderts betrachtete den Golem als Geschöpf, das dem Menschen bei seinem Tagewerk zur Hand gehen konnte, aber man fürchtete auch, es könne Tag für Tag größer werden und schließlich eine Bedrohung für seine Herrschaft darstellen...Um diese Gefahr auszuschließen, wurde erwogen, den Golem durch gelegentliches Entfernen des Buchstabens Aleph (das Symbol der Schöpfung) von seiner Stirn wieder zu Staub zerfallen zu lassen. E: Dieses Auslöschen des Anfangsbuchstabens machte das Wort Emeth (Wahrheit) zunichte und verwandelte es in Meth, d. h. Tod, was das Ende des künstlichen Menschen zur Folge hatte.
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