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Erbsünde Der Begriff Erbsünde wurde von dem elsässischen Volksredner und Sittenprediger Geiler von Kaysersberg (1445 -1510) geprägt. Die Erbsünden-lehre (lateinisch peccatum originale) im Judentum vorbereitet (Psalm 51, 7), von -> Paulus bekräftigt (Römer 5, 12 ff.), im katholischen Christentum zum Dogma entwickelt (Trienter Konzil, 1546) - soll die Frage beantworten, wie die Sünde in die Welt gekommen ist: Alle Menschen sind sündig, weil - Adam, der erste Mensch, als er im Paradies den Verlockungen der Schlange erlag, gesündigt und sich den Zorn Gottes zugezogen hat (Sündenfall). In der Folge verfiel er dem leiblichen Tod und der Herrschaft des Teufels. Die Ur-Sünde Adams ist dann auf alle seine Nachkommen übergegangen. Der Prozess der Übertragung geschieht jeweils und bis auf den heutigen Tag im Zeugungsakt. ( Sexualität) Deshalb wird ausnahmslos jeder Mensch als Knecht der Sünde und des Teufels geboren. Obgleich frei in der Willensentscheidung, sind alle von vornherein an Leib und Seele geschädigt und damit unfähig, das ewige Leben zu erlangen. Nach katholischer Lehre hat die Erbsünde die menschliche Natur nur verschlechtert, nach der Überzeugung Augustinus’ und Luthers stellt sie ein totales Verderbnis dar. Grundsätzlich stimmen das katholische Dogma und die für den evangelischen Glauben maßgebliche altprotestantische Erbsündenlehre (Confessio Augustana, Artikel II) jedoch miteinander überein. Im Rückgriff auf die alttestamentliche Erzählung vom Paradies macht die christliche Sündenlehre seit Paulus einen aetiologischen Mythos (griech. aetiologie, « Lehre von den Ursachen»), der Leid und Tod, Zwietracht und die Not des Überlebenskampfes erklären will, zum pseudohistorischen Bezugspunkt. Er soll bedingen, dass über der Menschenwelt die Sünde als Verhängnis lastet. So wird Adam zum Symbol verfehlten Daseins. Zum allgemeinen Sündenverhängnis als grundlegender, die Geschichte bestimmender Macht kommen die persönlichen Sündentaten des einzelnen Menschen hinzu, die Handlungen, für die jeder verantwortlich ist. Auf Adam geht gleichsam der alle treffende Bann von Sünde und Tod zurück, der sich in den je individuellen Sündentaten des Menschen verwirklicht. Was die - Taufe des Sünders betrifft, so wird ihr die Fähigkeit zugeschrieben, dass sie alles, was die Erbsünde zu einer Sünde im eigentlichen Sinne macht, das heißt ihren Schuldcharakter, tilgen könne. Doch bleibt im Getauften die Konkupiszenz (« Begierde », die « böse Lust » insbesondere geschlechtlicher Art) auch weiterhin bestehen, die nach theologischer Lehre aus der Sünde kommt und zur Sünde geneigt macht, aber selbst keine eigentliche Sünde ist. Die Überzeugung, dass auch Neugeborene von der Urschuld Adams befleckt sind und in dem damit verbundenen Schuldzustand stehen - verdanken sie ihr Leben doch der concupiscentia carnalis («Fleischesbegierde») -, hat seit dem 3. Jahrhundert die Praxis der Kindertaufe beflügelt: Nachdem sich jedes Kind durch Geburt von Adam her die Ursünde « zugezogen » und damit die von Gott geschenkte Heiligkeit und Gerechtigkeit verloren hat, muss es durch die Taufe von der ewigen Verdammnis gerettet werden. Nach evangelischer Lehre steht nur Jesus (Christologie), nach katholischer auch Maria außerhalb der Verstrickung in die Erbsünde. Die « Gottesgebärerin » ist mit dem Gnadenprivileg ausgestattet, von ihrer Mutter Anna ohne Erbsünde geboren worden zu sein. Die Lehre von ihrer « unbefleckten Empfängnis » (immaculata conceptio) wurde im Jahr 1854 von Papst Pius IX. dogmatisiert, wodurch die schon ins Neue Testament aufgenommene Lehre von der jungfräulichen Geburt Jesu (Jungfrauengeburt, siehe Matthäus 1, 18 -25; Lukas 1, 34f.) gleichsam nach rückwärts ausgedehnt wurde.
Siehe Sünde |
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