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Folter (Geißelung, Flagellanten) |
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Folter (Geißelung, Flagellanten) Als Folterung bezeichnet man die körperliche Misshandlung von Personen, die entweder bestraft oder während eines Prozesses dazu gezwungen werden sollen, die Wahrheit zu sagen. Geißelung ist das Schlagen mit biegsamen Werkzeugen wie Peitschen, Ketten, Stricken und Ruten. Geißler oder Flagellanten nannte man jene frommen Laien, die zwischen dem 13. und dem 15. Jahrhundert in kleinen Gruppen vor allem durch Oberitalien, Süddeutschland, das Elsass und Böhmen zogen, Bußlieder sangen, über die hereinbrechende Endzeit predigten und darüber in mystische Verzückung gerieten, während sie sich blutig geißelten, um dadurch Gottes Strafgericht abzuwenden. In Griechenland und im Römischen Reich wurde die Folter insbesondere an Sklaven bei gerichtlichen Ermittlungen angewendet. Die römischen Behörden setzten sie gelegentlich auch gegen Christen ein (Christenverfolgungen). Die Geißelung Jesu (Joh. 19, 1 und 5) war Teil der Beweiserhebung im Prozess vor dem Statthalter Pilatus. Die Apostelgeschichte berichtet, dass die Stadtrichter in Philippi Paulus und Silas « die Kleider abreißen» ließen und befahlen, «sie mit Ruten [zu] schlagen» (Apg. 16, 22). Nach dem Brand Roms zur Zeit des Kaisers Nero (64 n. Chr.) gingen die Behörden gegen die Christen als Brandstifter vor, wobei die Folter deren Schuld an den Tag bringen sollte. Im Zuge der Verfolgungen sollten Christen durch die Folter gezwungen werden, von ihrem Glauben abzufallen. Bei den Griechen war die bevorzugte Art der Folter die Räderung. Dabei wurden der Körper gedehnt und die Glieder verrenkt. Dies blieb bis ins Mittelalter eine beliebte Art der Marterung. Beim « Rad mit Feuer und Eisen» wurden verschiedene Körperteile gleichzeitig gebrannt und zerrissen. Auch die Leiter dehnte den Körper und führte zum Ausrenken der Arme. In Israel galten Stockschläge als leichteste körperliche Strafe (5. Mose 25, 2 f.). Die Prügelstrafe der Juden wurde unter römischem Einfluss generell durch Geißelung ersetzt. Nach dem Sieg des Christentums über die « Heiden » im Römischen Reich wurde weder die übliche Folterpraxis infrage gestellt noch ihre Härte gemildert. In der Gerichtsbarkeit der christlichen Kaiser blieb die Folter vielmehr ein selbstverständlicher Bestandteil des Beweisverfahrens. Die Geißler, die im 13. bis 15. Jahrhundert zu Frieden und Buße aufriefen, nahmen 1. Kor. 9, 27 wörtlich. Joachim von Fiore (um 11321202), Abt eines Klosters im italienischen Kalabrien, hatte den bevorstehenden Anbruch eines neuen Zeitalters angekündigt. Als in der Mitte des 14. Jahrhunderts die Pest in Europa grassierte, erweckte die verbreitete Endzeitstimmung extreme Formen der Frömmigkeit, die Menschen schwankten zwischen Verzückung und Todeserwartung. Durch Selbstgeißelung versuchten die Flagellanten sich zu « reinigen » und Gottes Zorn abzuwenden. Männer geißelten sich öffentlich, Frauen hinter verschlossenen Türen. Als die Flagellanten die Geißelbuße über die Sakramente stellten und obendrein auch noch die Kirche kritisierten, wurden sie von den Päpsten bekämpft. Auf die Folter als Mittel der Wahrheitsfindung griff auch die Inquisition bei der Verfolgung von Häretikern zurück. Das « Sanctum Officium » (Heiliges Amt) folterte und verurteilte nicht nur Ketzer, sondern auch Alchimisten, Hexen und Wahrsager und übte Bücherzensur (Index) aus. Besonders grausam verfolgt wurden die Beginen und Begharden im 14. Jahrhundert, französische und spanische Waldenser und Katharer im 13. Jahrhundert und die Muslime im Spanien des 16. und 17. Jahrhunderts. Die Hexenjagd in Europa, die mit der Hexenbulle Papst Innozenz’ VIII. (1484 1492) einen Aufschwung nahm, führte dazu, dass unzählige Frauen, Männer und Kinder verbrannt, ertränkt, geköpft, erdrosselt und gehenkt wurden. |
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