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Mittelalter |
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Mittelalter Der Begriff « Mittelalter » (lat. media tempestas oder medium aevum, « Zwischenzeit ») kam im 15. Jahrhundert in Mode; man bezeichnete damit die Epoche zwischen der griechisch-römischen Antike und deren Wiederentdeckung in der « Neuen Zeit ». Vom 16. bis ins 19. Jahrhundert glaubte man, dass es in der Weltgeschichte lediglich zwei glanzvolle Epochen gegeben habe: Das Altertum und dessen Wiederaufleben in der Renaissance - was dazwischen lag, waren « finstere Zeiten ». Die exklusive Bewertung der Antike bewirkte die Ablehnung dessen, was ihr gefolgt war: des « Mittelalters ». In Wirklichkeit umfasst dieser Zeitraum unterschiedliche und ausgedehnte Perioden: Das so genannte « Frühmittelalter » begann mit der « Fränkischen Periode » ; diese dauerte vom Niedergang des Römischen Reiches (410 wurde Rom von den Goten eingenommen, 476 der letzte Kaiser abgesetzt) bis zum Herrschaftsantritt der Karolinger um die Mitte des 8. Jahrhunderts, d. h. dreihundert Jahre lang. In der anschließenden « Kaiserlichen Periode» von etwa zweihundert Jahren wurde die Einheit Europas verwirklicht. Die « Feudalzeit » dauerte von der Mitte des 10. bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Schließlich folgte eine Epoche von zwei Jahrhunderten: die Zeit des Übergangs von der Feudalherrschaft zur Monarchie mit heftigen sozialen und wirtschaftlichen Erschütterungen, für die diejenigen Charakteristika gelten, die wir im Allgemeinen dem ganzen « Mittelalter » zuzuschreiben geneigt sind - Kriege, Hungersnöte und Epidemien. Beim Niedergang des Römischen Reiches fühlten sich die bisher abhängigen Völker vom fremden Joch befreit; in Literatur und Kunst versuchten sie zu ihren eigenen Ursprüngen zurückzufinden. So hob eine Zeit lebendiger poetischer und musikalischer Produktion an. Der « Codex », das Buch, löste das antike «Volumen », die Rolle, ab und wurde zum bevorzugten Bildungsinstrument. Im 8. und 9. Jahrhundert fielen die Araber von Süden und die Normannen von Norden her ein; die Sarazenen zerstörten Städte und Abteien an der Mittelmeerküste. Karl der Große stellte das Kaisertum im Westen wieder her und belebte Erziehung und Kultur nach römischem Vorbild. In seiner Pfalz in Aachen sammelte er Dichter, Gelehrte und Schriftsteller aus ganz Europa um sich. Zu Zentren der Kultur wurden damals die irischen Klöster, die die größten Gelehrten beherbergten. Spielleute und Rezitatoren gaben das im 11. Jahrhundert entstandene « Rolandslied » weiter. An den Ritterhöfen entstand eine neue Poesie, die höfische Lyrik, die die persönlichen Beziehungen der feudalen Gesellschaft - das Verhältnis zwischen Herr und Vasall, Lehensherrin (Dame) und Dichter - beschrieb. Neben den Liedern der Minnesänger entstanden Ritterromane (Anus-Epen, Sage vom heiligen Gral), die Leben und Sitten der Feudalzeit widerspiegeln. Überall wurde Theater gespielt, das aus der gottesdienstlichen Liturgie entstanden war: Man dramatisierte Szenen aus der Bibel (« Passionsspiele » ) und führte sie an den Festen des Jahres, etwa in der Oster- oder Christnacht, auf. Als die zentralisierte Macht des Römischen Reiches zerfallen war, traten lokale Mächte, z. B. Grundbesitzer, in Erscheinung, die sich selbst und ihrer Umgebung diejenige Sicherheit zu schaffen versuchten, die der Staat nicht mehr gewährleistete. So entstand die « feudale » Ordnung, die auf dem Lehen (feudum) beruht. Ab dem 16. Jahrhundert hatten die Städte dem Land den Rang abgelaufen. Regierung, Verwaltung und Schulen nahmen ihren Sitz in der Stadt. Im Jahr 1184 ermahnte Papst Lucius III. die Bischöfe dazu, mit aller Aufmerksamkeit nach Ketzern zu « forschen ». Die Katharer (die « Reinen » ) hielten Welt und Materie für das Werk eines bösen, die Seelen aber für das Werk eines guten Gottes. Die 1231 eingeführte päpstliche Inquisition wurde den Dominikanern und später auch den Franziskanern übertragen. Die alten Formen der kirchlichen Strafen waren Exkommunizierung und Kirchenbann. Beim Krieg gegen die Ketzer bediente sich die Kirche der staatlichen Gewalt. Der Feuertod, Rechtsmittel der weltlichen Macht, wurde die Strafe für « verstockte Ketzer ». Im 16. Jahrhundert geriet die Inquisition völlig in die Hände der Könige und Kaiser. In Spanien wurden auch Juden und Mauren von der Inquisition verfolgt. Mit dem Bild des « finsteren Mittelalters » sind vor allem die Hexenprozesse verknüpft. Hexen und Hexenmeister hat es zu allen Zeiten gegeben; die ersten Hexenprozesse aber fanden erst im 14. Jahrhundert statt, häuften sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und schwollen im 17. Jahrhundert, dem « Zeitalter der Vernunft », zu ungeahnten Ausmaßen an. Fast keine Gegend Europas blieb davon verschont. Der Hexenwahn grassierte in protestantischen Ländern genauso wie in katholischen. Erst im 17. Jahrhundert entstand eine kritische Gegenbewegung, deren Schrittmacher Ärzte, einige Jesuiten und Aufklärer waren (u. a. Friedrich von Spee, 1591 - 1635). |
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