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Verschwundene Kontinente

 
       
  Wissenschaftler und Mythenforscher streiten sich über den angeblichen Standort des geheimnisvollen – Atlantis. Doch in Sagen, Legenden und auch in wissenschaftlichen Arbeiten tauchen noch weitere Kontinente auf, die sehr früh hoch zivilisiert waren und nach Naturkatastrophen untergingen. Sie heißen Mu, Lemuria oder Atland.
Im Jahre 1926 veröffentlichte der in Indien lebende englische Ethnologe James Churchward die Ergebnisse seiner lebenslangen Forschungen in dem Buch »The Lost Continent (Der verschwundene Kontinent)«. Der Anfang des Buches: »Der Garten Eden lag nicht in Asien, sondern auf einem versunkenen Kontinent im Pazifischen Ozean. Die biblische Schöpfungsgeschichte (...) stammt nicht von den Völkern des Nils oder aus dem Tal des Euphrat, sondern von dem heute im Meer versunkenen Kontinent Mu, der Wiege der Menschheit.« Soweit Churchwards Vermutungen. Nach Churchwards Erkenntnissen hatte dieser Kontinent ungefähr 64 Millionen Einwohner, als er im Ozean versank. Schon vor 50000 Jahren habe dort eine Zivilisation bestanden, die der unseren auf vielen Gebieten weit überlegen war. Churchward will seine Erkenntnisse von mehreren Schrifttafeln gewonnen haben, die er beim Studium von Reliefen in einem Tempel in Indien fand. Während zweier Jahre habe ihn der dortige Hohepriester die Schrift gelehrt, die er für die »Ursprache der Menschheit« hielt. Im Archiv des Tempels sei er auf weitere Tafeln gestoßen, die von der Schöpfung der Welt und von der Erschaffung des Menschen auf dem Kontinent Mu berichteten. Er nannte sie Nakaal Tafeln. Auszüge der »Heiligen Schriften von Mu« fand Churchward auch in einer Sammlung von 2500 Steinobjekten, die der Amerikaner William Niven in Mexiko entdeckt hatte und die mit den gleichen, bis dato unbekannten Zeichen wie die NakaalTafeln beschriftet waren. Sie stammten von alten mexikanischen Völkern. Daraus las Churchward, dass die Bewohner von Mu in zehn Stämme aufgeteilt waren, die von einem König namens Ra Mu regiert wurden. Der Kontinent sei von saftigen Wiesen und fruchtbaren Feldern bedeckt gewesen. Flüsse hätten eine schöne hügelige Landschaft durchschnitten und es habe Schmetterlinge, Kolibris und Elefanten gegeben. Die Menschen mit gelber, roter, schwarzer und weißer Hautfarbe hätten sich gut vertragen. Doch eines Tages hätten Erdbeben und Vulkanausbrüche die Städte zerstört und riesige Flutwellen seien über den Kontinent hereingebrochen. Später sei der gesamte Kontinent für immer in der Tiefe des Pazifischen Ozeans verschwunden. Einige Bewohner hätten sich retten können, seien aber ohne die Umgebung ihres Mutterlandes zu primitiven Wilden geworden.
Schon vor Churchward hatte der Kontinent Mu in der Wissenschaftsdiskussion eine Rolle gespielt. 1864 stieß der französische Gelehrte Abbé Charles Etienne Brasseur de Bourbourg auf ein seltenes, altes Buch der Maya. Er versuchte, die unentschlüsselten Mayaschriften zu übersetzen. Doch von den 750 Zeichen der Mayabilderschrift konnte er nur die Zahlzeichen, die Zeitangaben und die Namen von Gottheiten und Herrschern identifizieren. Auffällig war jedoch das häufige Vorkommen des Wortes »Mu«. Er schloss daraus und aus einigen wenigen entzifferten Einzelheiten, dass vor vielen Tausend Jahren ein Kontinent dieses Namens im Pazifik existiert habe, auf dem Vorfahren der Maya lebten und der bei einer gewaltigen Naturkatastrophe im Pazifik versunken sei. Der französische Arzt und Archäologe Augustus Le Plongeon schrieb ein weiteres Kapitel der Geschichte vom geheimnisvollen Kontinent. Auch er stellte eine Verbindung zur Mayakultur her. Le Plongeon war der Entdecker der Mayaruinen auf der Halbinsel Yucatan. Gestützt auf die Theorie Brasseurs, auf seine eigene Übersetzung des alten Mayabuches und seine persönlichen Auslegungen der Wandbilder der Ruinenstadt Chichen Itzä entwarf er ein farbiges Bild des Kontinents Mu. Zwei Prinzen haben sich demnach in der Endzeit des Kontinents um ihre Schwester, die Königin von Mu, gestritten. Der stärkere, der sich Schwester und Kontinent zu eigen machte, wurde von seinem Bruder getötet. In dieser kritischen Familiensituation begann der Untergang Mus. Die Königin floh mit ihrer Gefolgschaft über das Meer nach Ägypten, wo sie unter dem Namen Isis eine neue Heimat fand. Viele andere Überlebende der Katastrophe seien nach Südamerika entkommen, wo sie auf der Halbinsel Yucatan ihre Geschichte aufzeichneten und ihren Herrschern Tempel errichteten. Zum Ende des Kontinents schreibt er: »Zweimal von vulkanischen Kräften emporgehoben (...) verschwand es (Mu) plötzlich in der Nacht. Diese Kräfte ließen es mehrmals an verschiedenen Stellen absinken und wieder auftauchen, bis die Oberfläche auseinander brach und in Stücke gerissen wurde. Mu versank mitsamt seinen 64 Millionen Bewohnern in den Meeresfluten, ohne auch nur die geringste Spur zu hinterlassen.«
Le Plongeon war davon überzeugt, dass sich der Kontinent östlich von Mittelamerika in der Nähe des mexikanischen Golfes befunden hatte. Die Wissenschaft kann die Theorie von der Existenz eines versunkenen Kontinents nicht kategorisch zurückweisen. Da aber konkrete Beweise fehlen, hält sie sich bisher bedeckt. Das gilt auch für einen angeblich versunkenen Kontinent mit dem Namen Lemuria. Der Kontinent war im 19. Jahrhundert ein Forschungsziel vieler Gelehrter. Der Name stammt von den Lemuren, einer Halbaffenart, die nur rings um den Indischen Ozean und auf Madagaskar lebt. Daraus schloss der Zoologe P. Slater im Jahr 1874, dass es eine Landbrücke zwischen Vorderindien und Madagaskar gegeben haben müsse, weil diese kleinen Affen die dazwischen liegenden Meeresflächen unmöglich überwinden konnten.
Das klang für viele Forscher überzeugend. Darunter war auch der deutsche Zoologe und Naturphilosoph Ernst Haeckel. Sie glaubten nicht nur an die frühere Existenz dieses Kontinents, sondern nahmen an, es handele sich um die »Wiege der Menschheit«.
1888 nahm sich Helena Blavatsky, die Gründerin der Theosophischen Gesellschaft der Sache an. Sie veröffentlichte ein Buch unter dem Namen »Die Geheimlehre«. Das Wissen sei ihr von der Bruderschaft der Mahatmas in Tibet vermittelt worden, behauptete sie darin. Angeblich basierte das Buch auf einem uralten Werk, dem Buch »Dzyan«, das von den Bewohnern von Atlantis in der vergessenen Sprache »Senzar« verfasst worden sein soll und die Geschichte Lemurias zum Gegenstand hatte.
Danach waren die Bewohner riesenhafte Affen, die ohne Sprache auskamen, da sie auf telepathischem Wege miteinander verkehrten. Lemuria sei vor 40 Millionen Jahren im Meer versunken.
Es kamen noch einige weitere Ideen über den Kontinent auf den Markt. Aber alle müssen im Umfeld der Diskussion über Darwins Evolutionstheorie gesehen werden, die damals in aller Munde war. Viele Menschen wollten nicht daran glauben und schufen so ihre eigene Theorie. Die Legende des Kontinents Atland ist älter als die von Lemuria. Sie geistert schon seit Jahrhunderten durch die Köpfe von Nordeuropäern. 1871 stieß ein frisischer Wissenschaftler auf eine altfriesische Schrift, das »Oera Linda Buch«. Diese Handschrift war schon seit vielen Generationen im Besitz einer friesischen Familie in Holland.
In diesem Buch wurde Atland beschrieben: eine halbkreisförmige Landmasse nordöstlich von Großbritannien. Der Kontinent, auf dem ein subtropisches Klima geherrscht haben soll, ist nach diesem Buch 2193 v. Chr. durch eine kosmische Katastrophe untergegangen. Vor diesem nicht näher beschriebenen Untergang müssen die Atlander in paradiesischen Verhältnissen und in einer Demokratie gelebt haben. Die Bewohner waren sehr reich, wahrscheinlich auch darum, weil sie weite Teile Europas und Afrikas kolonisiert hatten. England war laut der Niederschrift eine Strafkolonie für die bösen Menschen von Atland. Die Helden Atlands seien die Vorbilder für viele faszinierende Gestalten und Gottheiten der antiken Mythologie gewesen. Die Handschrift beschreibt Atland als ein Paradies.
Ein Zitat aus dem Oera Linda Buch: »Bevor die schlechte Zeit hereinbrach, war unser Land das schönste der Welt. Die Jahre wurden nicht gezählt, denn eines war so glücklich wie das andere.« Überlebende der Katastrophe verfassten den Bericht über den versunkenen Kontinent. Das geheime Werk wurde von Generation zu Generation weitergegeben, bis Roger Scrutton es fand und von der Familie die Genehmigung zur Veröffentlichtung erhielt. Er schrieb darüber ein Buch mit dem Titel »The Other Atlantis (Das andere Atlantis)«.
So authentisch das Oera LindaBuch klingen mag: Nie wurden weitere Beweise für die Existenz Atlands gefunden.
 
 

 

 

 
 
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