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Mörike, Eduard

 
       
  Mörike, Eduard (1804-1875), einer der bedeutendsten d -t. Lyriker und Erzähler des 19. Jh.s; erleb -te als Pfarrer in Cleversulzbach (bei Heilbronn) während seiner gesamten Amtsz eit (18343) immer wieder Spukphänome Tne und berichtete darüber in Kerners Zeitschrift Magikon (z. B. II, 1842) anhand seiner Tagebuchaufzeichnungen. Seine z. T. außerordentlich genauen Beobachtungen werden durch Untersuchungen und Zeuw:enaussagen gestützt. Vor M. hatte Kerner schon andere Darstellungen CleversulzbacEher Spuks gebracht (Seherin von Prevorst II, 7 und Magikon I, I840), Die Erlebnisse M.s, seiner Angehörigen und anderer Persoalen bestehen im wesentlichen aus Geräuschn (Klopfen, Pochen, Schlürfen, Tappen, »Atmen«) und Lichterscheinungen. Außerdem, aber seltener, werden Berührungen und Bewegungen registriert; einmal sieht Vlos Schwester das Phantom eines Hundes_ Bereits 3 Pfarrer vor M. wußten von derlei Phänomenen zu erzählen, die manche dem Geist eines gewissen Pfarrers Rabusch zuschrieben. Es scheint sich somit urraa einen ortsgebundenen Spuk zu handeln. FAllerdings massierten sich die Phänomene irarn ersten und letzten Jahr von M.s Aufenthalt dort; vielleicht doch ein Indiz für eine »mediale Beteiligung« M.s oder eines seiner Familienmitglieder. Der amer. Germanist Lee B. Jennings (geb. 1927; 1974: tot) deutet auch an, daß das Verhältnis M.s zu Kerner die Erscheinungen beeinflußt haben könnte. Als Fallgeschichte ist Cleversulzbach wenig ergiebig; dennoch ist M. von großem Interesse für die Pps. Er ist kein BiedermeierIdylliker, sondern ein Dichter, der die dämonischen Seiten der menschlichen Seele • kannte und häufig Identitätskrisen erlebte, die er schreibend zu bewältigen suchte. Seine Werke sind deshalb nicht nur lit. Von Bedeutung, sondern auch unter dem Aspekt einer Autoanalyse, als »ein Typus visionären Denkens« (Jennings). M.s graphisches Werk ist in diesem Zushg. ebenfalls wichtig. — Von seinen ps. und okkultistischen Interessen zeugen die Texte Aus dem Gebiete der Seelenkunde und Doppelte Seelentätigkeit (19o9). Im ersten berichtet M. 2 eigene Träume: Der eine, ein präkognitiver Wahrtraum, bezieht sich auf den Tod eines Onkels, beim anderen, einem telepathischen Traumerlebnis, wurde M. geweckt durch »ein plötzliches Gefühl, als wenn mir kalte, schwere Tropfen gewaltsam in das Gesicht gespritzt würden; ich glaubte ihren Fall zugleich auf dem Deckbett zu hören«. Er stellte fest, daß, »obwohl ich nie mit so viel Schein der Wirklichkeit geträumt zu haben glaubte«, alles trocken war. — Am nächsten Tag erwies sich, daß seine Verlobte zu derselben Zeit für ihn gebetet und (sie war Katholikin) Weihwasser in Richtung seiner Wohnung gesprengt hatte. »Hiernach erklärte sich das Rätsel einfach aus einem momentanen Fernsehen der Seele im schlafenden, völlig gesunden Zustand. Die Seele bekam oder gab vielmehr sich selbst ihre Wahrnehmung sinnlich durch einen scheinbar äußeren Eindruck zu fühlen« — eine Erklärung, der die Pps. auch heute noch nichts hinzuzufügen vermag. In der Doppelten Seelentätigkeit erzählt M. einen Fall von Däumeln: »Halb zum Spaß, halb im Ernst befrug ich das Schicksal ..., indem ich ... den nächsten besten Teil des deutschen Shakespeare herunternahm, mit dem Daumen hineingriff und hier sogleich auf eine Stelle stieß, die wir als bejahende Antwort nahmen. Frappant, gewissermaßen komisch-frappant, war sie dadurch, daß sie selber den Ausdruck Orakel, also die genaueste formale Beziehung auf meine Absicht, enthielt.« Es handelte sich um den Dialog Achill —Hektor in Troilus IV, 5: »Achill: Ja, sag’ ieh dir. Hektor: Und wärst du, solches kündend, ein Orakel, Nicht glaubt’ ich dir.« »Entweder ist es purer Zufall, oder kann ich es nur mit meiner alten Hypothese von einer doppelten Seelentätigkeit erklären ... Die Seele strahlt und wirkt von ihrer Nacht- oder Traumseite aus in das wahre Bewußtsein herüber, indem sie innerhalb der dunklen Region die Anschauung von Dingen hat, die ihr sonst völlig unbekannt blieben. Ihre Vorstellungen in der Tag-und Nachtsphäre wechseln in unendlich kleinen, gedrängten Zeitmomenten mit äußerster Schnelligkeit ab, so daß die Stetigkeit des wachen Bewußtseins nicht unterbrochen scheint. Ich kam auf diesen Gedanken durch den Versuch, das Geister-sehen sowie die oft so erstaunlich treffenden Aussagen bei der Tischklopferei usw. natürlich zu erklären ... In dem Fall nun hätte die wissende Traumseele den Einfall, das Buch zu befragen, bei mir angeregt und mich im folgenden durchaus geleitet: das heißt ich verhielt mich in dem Augenblick bis auf den entscheidenden Griff meines Fingers hinaus partiell somnambül.« Die wissende Traumseele« nennen wir heute das Unbewußte, und wie M. verstehen wir die Trance (»somnambül«) als die Herrschaft des Unbewußten über das Bewußtsein. Bemerkenswert ist auch folgende Stelle, die vielleicht ein Erleuchtungserlebnis als den alles entscheidenden Augenblick definiert, »wo gleichsam ein rascher Blitz des innersten Bewußtseins uns das, was wir besitzen und sind, in seiner ganzen Gestalt sehen läßt, in der überwältigenden Fülle seiner Wirklichkeit, während es dann scheint, als wäre man bisher nur in einem gewöhnlichen Traum befangen gewesen.« (Brief an Luise Rau vom 4. 12. 1828.) In einem Brief an Theodor Storm (April 1854) erzählt er den »närrischen casum«, daß er für eine Novelle eine Handlung erfindet, die Uhland als alte Sage verifizieren kann: »Ich war nicht wenig über das Zusammentreffen meines Scherzes mit dieser Erzählung erstaunt, da auch in den hintersten Kammern meines Gehirns nicht die leiseste Spur empfangener Überlieferung zu finden ist. Vernünftigerweise kann ich es mir freilich zuletzt nicht anders als auf solchem Wege erklären, oder wie?« Hier ist ein Problem vorweggenommen, für das die Archetypen-Lehre eine Antwort bereithält, wo aber auch pps. Deutungen möglich sind. — Werke Bibl.  
 

 

 

 
 
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