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Schöpfungsmythen Die Religionen der ganzen Welt kennen kosmogonische Mythen. Sie schildern die Entstehung oder Erschaffung der Welt und blicken dabei auf den allerersten Anfang zurück. « Alles war dunkel. Weder gab es Sonne noch Mond, weder Tiere noch Pflanzen», heißt es in einem Schöpfungsmythos der südamerikanischen Kogi-Indianer. Oft wird irgendetwas, eine erste Materie oder eine Schöpfergestalt, als bereits vorhanden vorausgesetzt, sodass die Schöpfung nur einen Neubeginn beschreibt: « Zuerst war das Meer ..., das Meer war die Mutter. Sie war Wasser und Wasser, überall.» (Kogi) Immer geht es um die Frage nach dem Woher? und dem Warum? der Welt und damit auch um ihr Wesen, ihren Sinn und ihre Einrichtungen. Warum gibt es Bäume und Steine ? Wer hat die Kulturpflanzen erschaffen? Warum gibt es Menschen? Weshalb müssen wir eigentlich sterben? Auf grundlegend unterscheidbare Weisen wird in den Mythen der Akt der Schöpfung vorgestellt: Die Welt entsteht spontan, zum Beispiel dadurch, dass sich das «Weltei » in zwei Teile spaltet: Der eine Teil wird zum Himmel, der andere zur Erde, der Eidotter zur Sonne. (Vedische Religion) Nach der altägyptischen Kosmologie kommt der Sonnengott Re aus dem Weltei. (Ägyptische Religion) Entweder wird die Welt von einem Gott (durch Selbstbegattung) oder von zwei Gottheiten gezeugt. In der neuplatonischen Metaphysik beispielsweise geht aus dem «Ureinen » der « Geist », aus diesem die «Weltseele » und aus ihr schließlich die «Materie » hervor. (Platonismus) Schöpfung ist meist die Bearbeitung eines bereits vorhandenen Urstoffes. Der babylonische Marduk (Gott der Früh- und Frühlingssonne) besiegte den Abgrund, tötete die Urschlange Tiamat und bildete aus ihr die Welt. ; Babylon) Nach platonischer Auffassung schuf der Demiurg (Weltschöpfer) die Welt aus der «Urmaterie ». Mitunter geschieht die Schöpfung durch göttliche (Zauber-) Kraft aus dem Nichts. «Es werde Licht, und es ward Licht.» (1. Mose 1) Neben Gott steht kein zweites selbständiges Prinzip. Die Schöpfung ist zwar nicht Gott, aber sie ist, als Abbild seiner Weisheit und Schönheit, mit ihm verbunden. Die Weltschöpfungsvorstellungen der Religionen drücken dabei auch ein bestimmtes Verständnis vom Menschen selbst aus. (Adam) Mit der Frage nach dem Werden der Welt ist die Frage nach dem Werden des Menschen verbunden. Der erste Mensch gilt oft als Urbild des Menschen überhaupt, bisweilen gibt es keinen Unterschied zwischen Urmenschen und Urgöttern. Häufig beantworten die kosmogoni-schen Mythen die Frage nach der Herkunft der Kultur. «Kulturbringer », « Kulturheroen » oder «Urleber-Gestalten (Dema-Gottheiten), die als Schöpfer auftraten, haben d e Kulturgüter geschaffen und den Menschen die Techniken des Wirtschaftens, des Handwerks, aller Kunstfertigkeiten und auch des Kultes übermittelt. Die Schöpfungsmythen zeigen, dass sich der Mensch im Werden der Welt wiederfinden möchte; er stellt sich selbst mitten in den Kosmos hinein. |
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