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Verschwörungstheorie

 
       
  Bloß weil du nicht paranoid bist, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht hinter dir her sind. Populäres Sprichwort in den 1990ern. Im September 1996 ergab eine telefonische Umfrage unter 800 erwachsenen Amerikanern, dass 74 Prozent praktisch also drei von vier Bürgern glauben, die USRegierung sei regelmäßig in geheime und verschwörerische Aktivitäten verstrickt. Das muß nicht unbedingt eine zunehmende Flucht in die Phantasie oder die Verwechslung von Fernsehen und Realität bedeuten: Die gleiche Studie fand heraus, dass nur 29 Prozent an Hexerei glauben und gerade mal 10 Prozent denken, dass Elvis Presley noch am Leben ist. Wenn drei von vier Bürgern eine weit größere Mehrheit, als sie je ein amerikanischer Präsident in unseren Zeiten hinter sich hatte die Regierung verbrecherischer und ruchloser Aktivitäten verdächtigen, dann heißt das, dass inzwischen ganz normale Leute etwas glauben, was vor hundert Jahren, in den 1890ern, nur erbitterte Linksradikale behauptet haben (und was nur Berufszyniker wie H. L. Mencken noch spät in den Zwanzigern geglaubt haben). Inzwischen sehen nicht nur Linksextreme und Zyniker alle möglichen Arten von Doppelzüngigkeit in Washington: Die Rechtsaußen-Fraktion hegt einen viel schlimmeren Argwohn als alle anderen Trottel in der Republik zusammen. Niemand in den Vereinigten Staaten von heute hat noch das gleiche blinde Vertrauen in unsere Herrscher, das man uns in der Volksschule beigebracht hat, und die eingangs erwähnten drei von vier trauen ihnen überhaupt nicht über den Weg. Doch die Regierung hat keinerlei Monopol auf das untere Ende der Vertrauenskurve. Wir leben in einer Zeit, in der mehr Menschen anderen Menschen mißtrauen als jemals zuvor. Man kann sich kaum mehr eine Gruppe der Gattung Homo sapiens vorstellen, die nicht das Objekt angstvoller Verdächtigungen einer anderen Gruppierung geworden ist. Nach landläufiger Ansicht gehören Berufe wie die folgenden zu den kriminellen Klassen: TV-Reparaturleute, die uns ständig betrügen, genauso wie Automechaniker. Ärzte, Händler, Kirchenleute und sogenannte »Experten« aller Art sind von einem beinahe schon sichtbaren, dunklen Smog des Mißtrauens umgeben. Wir wissen alle, dass man »Experten« mieten kann, die für jede Seite jeden Falles Zeugnis ablegen können. Auch die Akademiker haben ihre eigenen Arten von Verschwörungstheorien, oder etwas ganz Ähnliches. Die zwei führenden Schulen der Kunst und Kulturkritik, bekannt als Dekonstruktivismus und Postmodernismus, suchen und finden auch meist tiefere Beweggründe in allen »Denkmodellen« oder »Geschichten« über die Situation des Menschen, egal ob es sich bei dieser »Geschichte« nun um das Stück eines Genies wie Shakespeare oder eine TV-Sitcom handelt oder um einen Roman, Film oder Dokumentarfilm, eine Skulptur, die große Oper, ein Gemälde oder einen angeblichen »Fund« der Sozialwissenschaften, um ein etabliertes Gesetz in der Wissenschaft der harten Fakten oder eine politische oder religiöse Überzeugung. Die Dekonstruktivisten, die ihre skeptische Methode auf den schlechtesten und besten Tendenzen von Freud bis Buddha aufbauen, lassen einen mit dem Gefühl zurück, dass man keiner Kommunikation zutrauen kann zu sagen, was sie bedeutet oder zu bedeuten, was sie sagt. Postmodernisten scheinen sich oft zu weigern, überhaupt zu kommunizieren.Wahrscheinlich sind Hunde die einzigen Leute, die dem Menschen noch trauen, aber mir ist aufgefallen, dass selbst manche Hunde in letzter Zeit ihre Zweifel haben.  
 

 

 

 
 
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