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Gespaltene Persönlichkeiten |
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Manche Menschen scheinen verschiedene Ichs zu besitzen. Sie wechseln ständig ihre Identität. Anhand eines klassischen Falles der Psychiatrie lässt sich das Wesen der Persönlichkeitsspaltung besonders gut erläutern: Die Patientin war eine Krankenschwester in einem Bostoner Hospital – der behandelnde Arzt eine der größten Autoritäten auf dem Gebiet der Persönlichkeitsspaltung, Dr. Morton Prince. Die Krankenschwester war ein Fall »multipler Persönlichkeitsspaltung«, in ihr schienen mehrere Personen zu leben. Sie zeigte von Zeit zu Zeit Anzeichen für das Vorhandensein vollkommen unterschiedlicher Ichs. Es lebten mehr als »zwei Seelen in ihrer Brust«. Alle diese Persönlichkeiten agierten völlig unabhängig voneinander. Dr. Prince nannte zunächst zwei Persönlichkeiten B1 und B4. B1 war schüchtern, zurückhaltend, ernst, religiös, liebte Kinder und alte Menschen. B4 verurteilte alles, was B1 liebte. Keine der Persönlichkeiten wusste von der anderen. Aber da gab es noch eine Persönlichkeit in der Krankenschwester, B3 bezeichnet. Die Ärzte nannten sie auch Sally. Sally kannte die Gedanken der anderen Persönlichkeiten. Und sie machte sich ein Vergnügen daraus, ihren Rivalinnen übel mitzuspielen. Hatte die ordentliche B1 ihr Zimmer aufgeräumt, übernahm Sally den Körper und brachte alles wieder durcheinander. Oder Sally fuhr weit aufs Land in eine fremde Gegend und ließ Bl dort erwachen – ohne Geld und völlig hilflos.
Nach jahrelanger Behandlung gelang es Dr. Prince, die Krankenschwester zu heilen. Er vereinigte ihre verschiedenen Ichs zu einer Art Mittelpersönlichkeit. Ein weiterer klassischer Fall wurde 1887 untersucht. Am 17. Januar dieses Jahres verließ der amerikanische Prediger und Zimmermann Ansel Bourne sein Haus auf Rhode Island, hob 550 Dollar bei seiner Bank ab und machte sich auf den Weg, um in Providence ein Stück Land zu kaufen. Am Morgen des 14. März wachte er plötzlich in einem Bett auf, das im Hinterzimmer eines kleinen Geschäftes für Süß und Papierwaren in Norristown (US Bundesstaat Pennsylvania) stand. Er hatte keine Ahnung, was er dort zu suchen hatte. Der Hauswirt erklärte ihm, er sei A. J. Brown und er habe den Laden Anfang Februar gemietet, das Geschäft geführt und sei täglich in die Methodistenkirche gegangen. Bourne konnte sich an nichts von dem erinnern, was geschehen war, nachdem er sein 350 Kilometer entferntes Haus verlassen hatte. Er hatte auch keine Ahnung, warum er einen Handel, von dem er nichts verstand, begonnen hatte. Später wurde Bourne von dem Harvardprofessor William James hypnotisiert. Unter der Hypnose sagte er, sein Name sei Albert John Brown, er schilderte seine Reise nach Norristown und beschrieb die Eröffnung seines Ladens. Über sein Leben vor dem 17. Januar wusste er nichts und konnte sich kaum an irgendetwas nach dem 13. März erinnern. Professor James und sein Team entschieden, dass Brown und Bourne zwei verschiedene Personen in einem Körper seien. Jede hatte ihre eigene Handschrift, die eigene Ausdrucksweise und eigene Gestik. Weitere hypnotische Behandlungen ließen die Figur Brown nach und nach verschwinden. Sie kam nie zurück. |
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