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UWE BARSCHEL

 
       
  Am Nachmittag des 11. Oktober 1987 meldeten die Agenturen den Fund der Leiche von Uwe Barschel in der Badewanne des Genfer Hotels »Beau Rivage«. Er war von »stern«-Reportern entdeckt und fotografiert worden. Drei Wochen zuvor hatte Barschel als schleswig-holsteinischer Ministerpräsident seine berühmte »Ehrenwort-Pressekonferenz gegeben, in der er alle Vorwürfe, gegen seinen Konkurrenten Björn Engholm im Wahlkampf mit Wanzen und schmutzigen Tricks vorgegangen zu sein, als »haltlos« zurückgewiesen hatte. Doch dann packte »Der Spiegel« die eidesstattlichen Aussagen seines für diese Tricks zuständigen Mitarbeiters Pfeiffer aus, »Waterkantgate« war geboren. Barschels Immunität wurde aufgehoben, und er floh »in Urlaub« nach Gran Canaria. Von dort aus machte er sich dann auf nach Genf, angeblich um von einem Agenten namens Roloff Informationen zu erhalten, die das Komplott gegen ihn Barschel aufdecken sollten. Doch es tauchten weder diese Informationen noch dieser Agent auf, sondern zwei Tage später ein mit Medikamenten vergifteter Barschel in der Badewanne. Angefangen von den Journalisten, die ihn entdeckten und die, bevor sie die Polizei riefen, erst einmal zwei Stunden ihrem investigativen Geschäft nachgingen, über eine Serie von Ermittlungsund Obduktionspannen der Schweizer Behörden, bis zu Barschels nachweislich letztem Termin vor der Genf-Reise ein Besuch bei dem Großwaffenhändler, CIAund Mossad-Partner Adnan Kashoggi enthält der Fall alle Ingredienzen, die ihn zum idealen Feld von Verschwörungstheorien machten: Das Barschel-Rätsel ist nicht nur »Waterkantgate«, sondern auch das JFK-Attentat im Deutschland-Format. »Unkontrolliertes Herumraten bringt Verwirrung und weitet sich zu einem phantastischen Spiel aus, wenn am Beginn keine Fakten stehen«, notierte der Kriminologe Armand Mergen in seiner 1998 erschienenen Studie » Tod in Genf Ermittlungsfehler im Fall Barschel — Mordthese vernachlässigt?«. Fakt aber zum Beispiel ist, dass die bei der Obduktion gefundenen betäubenden Medikamente schon lange nicht mehr im Handel erhältlich waren und deshalb auch einiges für die These des Ex-Geheimdienstmannes Victor Ostrovsky (Geheimakte Mossad, München 1994) spricht, der vorgetäuschte Selbstmord sei durch die Einbringung eines Präparats mittels einer Sonde bewerkstelligt worden. Hintergrund waren demnach vom Mossad eingefädelte Waffengeschäfte mit dem Iran, die über Deutschland und Dänemark abgewickelt wurden und bei denen mittlere Beamte des Bundesnachrichtendienstes (BND) als Strohmänner und Zwischenhändler eingeschaltet waren. Als die Verschiffung von dänischen Häfen aus Probleme bereitete, sollte sie nach SchleswigHolstein verlegt werden, Barschel wurde in die Geheimoperation eingeweiht und lehnte ab. Daraufhin hätte der Mossad dem vom Springer-Konzern zur Unterstützung Barschels abgestellten Pressereferenten Rainer Pfeiffer mit Enthüllungen aus seiner dubiosen Vergangenheit gedroht und zur Sabotage Barschels veranlaßt durch ebenjene überaus plumpe, angeblich in Barschels Auftrag ausgeführte Observation des SPD-Kandidaten Engholm, die dann dem »Spiegel« so kurz vor der Landtagswahl gesteckt wurde, dass Barschel nicht mehr reagieren konnte. Als er nach seiner Abwahl androhte, vor dem Untersuchungsausschuß auszupacken, sei er dann von einem BND-Mann nach Genf gelockt und von einem Mossad-Team ermordet worden. Ob es sich bei diesem BND-Mann um den »deutschen James Bond« Werner Mauss handelt, der wie einige andere dubiose Gestalten etwa um die Todeszeit Barschels hektische Flugbewegungen um Genf veranstaltete und angeblich im Nachbarhotel abgestiegen war, bleibt weiterhin im Dunkeln. Unter Berufung auf die »innere Sicherheit« schließen die Gerichte die Öffentlichkeit bei der Klärung dieser Hintergründe bis heute aus. Und die Verschwörungstheorien blühen, wobei die hier dargestellte nicht nur ziemlich genau in das Muster der konkurrierenden Iran-Contra-Waffenkanäle paßt, sondern auch erklären kann, warum ein stramm konservativer PR-Mann fürs Grobe der »linken Kampfpresse« die heißeste Enthüllung des Jahrzehnts lieferte und der »Spiegel« bis heute an der dubiosen Selbstmordthese festhält. (M.B.)  
 

 

 

 
 
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